Ein Mitglied einer Erbengemeinschaft lässt sich scheiden. Es ist Gütertrennung vereinbart, wird aber vom Partner bestritten. Es geht auch um Anteile am Familienunternehmen. Müssen die restlichen Erben irgendwie aktiv werden?
Nach einem Erbfall beerben den Erblasser häufig mehrere Personen, die eine Erbengemeinschaft bilden. Was passiert, wenn sich ein Mitglied der
Erbengemeinschaft scheiden lässt?
Die Erbengemeinschaft:
Hinterlässt ein Erblasser mehrere Erben, bilden diese eine Erbengemeinschaft. Der Nachlass wird gemeinschaftliches Vermögen. Das bedeutet, jeder wird Miterbe, kann aber nicht über die einzelnen Nachlassgegenstände verfügen. Die Verwaltung des Nachlasses steht den Miterben grundsätzlich gemeinsam zu, wobei häufig ein Mehrheitsbeschluss ausreichend ist. Gehen Maßnahmen über das Maß einer ordnungsgemäßen Verwaltung hinaus, bedarf es der Zustimmung aller Miterben. Unaufschiebbare Maßnahmen, wie zum Beispiel eine dringende Reparatur, kann jeder Miterbe allein treffen. Die Erbengemeinschaft endet mit der Auseinandersetzung, der vollständigen Aufteilung des Nachlasses. Die Auswirkungen der Scheidung auf die Erbengemeinschaft richten sich nach dem Güterstand der Ehegatten.
Gütertrennung:
Die Ehegatten können in einem Ehevertrag abweichend vom gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft den Güterstand der Gütertrennung vereinbaren. Dabei bleiben die Vermögen während der Ehe getrennt, es findet bei Beendigung kein Zugewinnausgleich statt. Die Gütertrennung wirkt sich daher grundsätzlich nicht auf die Erbengemeinschaft und damit auf die Miterben aus.
Die Zugewinngemeinschaft:
Wenn die Ehegatten keinen Ehevertrag geschlossen haben oder das Vorhandensein eines Ehevertrags nach Bestreiten durch den anderen Partner nicht beweisen können, leben sie im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft. Das bedeutet, dass jeder Partner sein eigenes Vermögen behält und im Falle der Beendigung der Ehe, durch Scheidung oder Tod, ein Zugewinnausgleich durchgeführt wird. Auch diese Form des ehelichen Güterstands hat keine unmittelbare Auswirkung auf die Erbengemeinschaft. Lediglich im Fall der Scheidung kann durch eine Zugewinnsforderung des Ehegatten ein hoher Bedarf an Liquidität entstehen. Dieser Bedarf kann zu einem Verkauf der Anteile am Familienunternehmen führen. Die Zugewinngemeinschaft kann daher mittelbar Einfluss auf die Erbengemeinschaft haben und damit einen Handlungsbedarf begründen.
Das Familienunternehmen in der Erbengemeinschaft:
Die konkreten Auswirkungen der Scheidung auf die Anteile am Familienunternehmen im Vermögen der Erbengemeinschaft sind einzelfallabhängig und können erst nach Durchsicht des jeweiligen Gesellschaftsvertrags des Familienunternehmens beurteilt werden. Aufgrund des Zusammenspiels von Gesellschaftsvertrag und Erbrecht ist es bei Unternehmen im Nachlass regelmäßig empfehlenswert, sich anwaltlich beraten zu lassen, um teure Fehler zu vermeiden und die optimale Lösung zu finden.
Autor: Rechtsanwalt Alexander Katzameyer