Bauzeitverzögerungen & ihre Folgen
Die Bauablaufpläne sind zeitlich meist sehr eng abgesteckt, sodass kaum ein Bauvorhaben innerhalb der vorgegebenen Fristen umgesetzt werden kann. Als typische Folge weisen sich Auftragnehmer und Auftraggeber oft gegenseitig die Verantwortung zu. Auftragnehmer machen bei Bauzeitverzögerungen die Erstattung von Mehrkosten geltend, während Auftraggeber Vertragsstrafen und darüber hinausgehende Schadensersatzansprüche geltend machen.
Als „erste Hilfe“ empfiehlt sich, frühzeitig Behinderungsanzeigen einzusetzen, um Störungsfolgen möglichst frühzeitig entgegenzuwirken.
„Eine Behinderungsanzeige muss unverzüglich und in schriftlicher Form erfolgen. Durch die Mitteilung der hindernden Umstände soll der Auftraggeber gewarnt werden. Es soll ihm ermöglicht werden, die Ursachen für die Bauzeitverzögerungen zu klären, Beweise zu sichern und die Behinderung gegebenenfalls zu beseitigen.
Aus der Behinderungsanzeige müssen sich die Gründe für die Behinderung ergeben. Die Anzeige muss Aufschluss darüber geben, ob und wann die Arbeiten, die nach dem Bauablauf nunmehr ausgeführt werden müssen, nicht oder nicht wie vorgesehen ausgeführt werden können (vgl. OLG Hamm, Urteil vom 30.07.2013 - 21 U 84/12).
Dieses Instrument schützt auch den Auftraggeber. Dieser erkennt in der Regel erst durch eine konkrete Behinderungsanzeige, dass auf der Baustelle ein Problem besteht und ergreift deswegen auch erst dann erforderliche Gegenmaßnahmen.
Der Auftraggeber seinerseits sollte die Behinderungsanzeige unvoreingenommen prüfen und im Sinne einer kooperativen Zusammenarbeit den weiteren Bauablauf mit den beteiligten Parteien gemeinsam regeln.
Empfehlungen bei Bauzeitverzögerungen
Ganz unabhängig davon ist es zu empfehlen dem Auftragnehmer, gleichzeitig mit der Behinderungsanzeige seine Leistungen ausdrücklich anzubieten, um auch einen Entschädigungsanspruch gemäß § 642 BGB sicherzustellen.
Was die Darstellung bauzeitlicher Ansprüche anbelangt, ist zwingender Ausgangspunkt der Betrachtung ein Soll-Bauzeitenplan, der alle vertraglichen Vorgaben beinhaltet und Grundlage für die Erstellung eines störungsmodifizierten Terminplans ist. Der störungsmodifizierte Terminplan muss die bauzeitrelevanten Störungen abbilden. Die eingetretenen Störungen und deren Auswirkungen sind sodann anhand des ausgeführten Bau-Ist zu untersuchen und abzubilden. Wirkt sich eine im Bau-Soll durchaus relevante Störung im Ist nicht aus, etwa weil der Auftragnehmer den Bauablauf umgestellt hatte, so wird der Störungszeitraum nicht bauzeitverlängernd berücksichtigt.
Auch die überwiegende Mehrheit in der Rechtsprechung fordert eindeutig eine bauablaufbezogene Darstellung. Der Auftragnehmer muss substantiiert zu den durch die Pflichtverletzungen des Auftraggebers konkret entstandenen Behinderungen seiner Leistung vortragen. Dazu ist eine konkrete bauablaufbezogene Darstellung der jeweiligen Behinderung unumgänglich. Hierzu ist eine aussagekräftige Dokumentation zu erstellen, aus der sich die Behinderung sowie Dauer und Umfang ergeben (vgl. BGH, Urteil vom 24.02.2005 – VII ZR 141/03).
Im Ergebnis werden damit nur die tatsächlich eingetretenen zeitlichen Bauzeitverzögerungen betrachtet und mit dem Soll-Bauablauf abgeglichen.
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Autor: Rechtsanwalt Thomas Schmitt, ist Partner der Kanzlei JuS Rechtsanwälte, Augsburg (www.jus-kanzlei.de). Er ist Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht und Schlichter nach SOBau des Deutschen Anwaltverein (DAV). Er beschäftigt sich seit über 18 Jahren vornehmlich mit sämtlichen rechtlichen Fragen des Bau-, Architekten- und Immobilienrechts. Zudem ist Herr Rechtsanwalt Schmitt Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Bau- und Immobilienrecht im Deutschen Anwaltsvereins (ARGE BauR).