Seit dem 27.03.2020 ist das „Gesetz zur Abmilderung der Folgen der Covid-19-Pandemie im Zivil-, Insolvenz- und Strafverfahrensrecht“ in Kraft.
Unter diesem sperrigen Namen hat der Gesetzgeber, neben besonderen Bestimmungen für das Miet- und WEG-Recht, zeitlich befristet zunächst ein weitreichendes Moratorium eingeführt, dass Verbrauchern und Kleinstunternehmern, die wegen den Auswirkungen der COVID-19-Pandemie in Zahlungsschwierigkeiten geraten sind, für wesentliche Dauerschuldverhältnisse (u.a. Strom, Gas, Wasser, Kommunikation etc.) ein weitreichendes Leistungs- und Zahlungsverweigerungsrecht einräumt.
Dieses allgemeine Zurückbehaltungsrecht gilt aber ausdrücklich nicht für Mietverträge über Wohn- und Grund-Pachtverhältnisse.
A. Das Corona Gesetz zum Mietrecht
Für sämtliche Mietverträge über Wohn- und Gewerberaum und für Pachtverträge gilt abweichend vom Moratorium: Die Miete ist und bleibt in vollständiger Höhe zu zahlen!
Beschränkt wird nur das Kündigungsrecht der Vermieter/Verpächter.
Das Gesetz nach Art. 240 §2 EGBGB im Wortlaut:
§ 2 Beschränkung der Kündigung von Miet- und Pachtverhältnissen
(1) Der Vermieter kann ein Mietverhältnis über Grundstücke oder über Räume nicht allein aus dem Grund kündigen, dass der Mieter im Zeitraum vom 1. April 2020 bis 30. Juni 2020 trotz Fälligkeit die Miete nicht leistet, sofern die Nichtleistung auf den Auswirkungen der COVID-19-Pandemie beruht. Der Zusammenhang zwischen COVID-19-Pandemie und Nichtleistung ist glaubhaft zu machen. Sonstige Kündigungsrechte bleiben unberührt.
(2) Von Absatz 1 kann nicht zum Nachteil des Mieters abgewichen werden.
(3) Die Absätze 1 und 2 sind auf Pachtverhältnisse entsprechend anzuwenden.
(4) Die Absätze 1 bis 3 sind nur bis zum 30. Juni 2022 anzuwenden.
Dies bedeutet zusammengefasst:
• Die vorbezeichneten Bestimmungen gelten für alle Wohnraum- und Gewerbemietverträge und sämtliche Pachtverträge.
• Mieter und Pächter schulden unverändert, d.h. vertragsgemäß und in vollständiger Höhe, den vereinbarten Mietzins bzw. die vereinbarte Pacht.
• Ausgeschlossen ist nur das Recht des Vermieters/Verpächters zur ordentlichen oder außerordentlichen Kündigung wegen Zahlungsverzugs in Folge der Auswirkungen der COVID-19-Pandemie. Erfasst werden nur Zahlungsrückstände, die vom 01.04.2020 bis zum 30.06.2020 (ggf. verlängerbar durch Verordnung der Bundesregierung bis 30.09.2020) entstehen und das nur, wenn die Nichtleistung auf den Auswirkungen der COVID-19-Pandemie beruht. Ist der Mieter/Pächter also zahlungsunwillig oder hat seine Zahlungsunfähigkeit andere Ursachen als die COVID-19-Pandemie, ist die Kündigung nicht ausgeschlossen.
• Sonstige Kündigungsgründe werden nicht von der Beschränkung umfasst. Es bleibt dem Vermieter/Verpächter unbenommen wegen früherer Mietrückstände oder wegen anderer Vertragsverletzungen oder wegen Eigenbedarf zu kündigen.
• Auch die Übrigen Rechte des Vermieters/Verpächters bei einem Zahlungsverzug bleiben bestehen. Insbesondere Verzugszinsen und weitergehende Schadensersatzforderungen des Vermieters sind nicht ausgeschlossen, z.B. wenn der Vermieter wegen des Ausbleibens der Miete Zahlungspflichten nicht erfüllten kann.
• Das Kündigungshindernis für Miet- und Pachtrückstände gilt bis zum 30.06.2022. Das bedeutet, dass für Zahlungsrückstände aus der Zeit vom 01.04.2020 bis 30.06.2020 (ggf. bis 30.09.2020) bis einschließlich zum 30.06.2022 keine wirksame Kündigung ausgesprochen werden kann.
Was es zu beachten gilt:
• Grundsätzlich können sich Mieter/Pächter nicht einfach darauf berufen, jetzt wg. Corona keine Miete/Pacht zahlen zu müssen. Wie bereits dargestellt, sind Vermieter/Verpächter lediglich in ihrem Recht zur Kündigung eingeschränkt. Damit dies aber auch greift, muss der Mieter den Zusammenhang zwischen der COVID-19-Pandemie und der Nichtleistung der Miete darlegen und im Zweifel gegenüber dem Vermieter glaubhaft machen. Mieter und Pächter müssen hierzu Tatsachen darlegen, aus denen sich eine überwiegende Wahrscheinlichkeit dafür ergibt, dass die Nichtleistung auf der Pandemie beruht.
• Gewerbemieter können den Zusammenhang zwischen der Pandemie und der Nichtleistung regelmäßig mit dem Hinweis darauf glaubhaft machen, dass der Betrieb ihres Unternehmens durch Rechtsverordnung oder behördliche Verfügung untersagt ist (in Bayern z.B. Friseure, Baumarkt, Modegeschäft). Hierzu empfiehlt es sich, dem Vermieter/Verpächter unter schriftlicher Bezugnahme und bestenfalls Beifügung der entsprechenden Allgemeinverfügung mitzuteilen, dass eine Leistung der Miete/Pacht zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht erfolgen kann.
• Wohnraummieter müssen mit entsprechenden Nachweisen, z.B. Eidesstattliche Versicherung, Nachweis der Antragsstellung von- oder Bescheinigung über den Erhalt von Sozialleistungen, Bescheinigungen des Arbeitgebers über Verdienstausfall z.B. bei Kurzarbeit oder sonstige Nachweise über reduziertes Einkommen oder Verdienstausfall glaubhaft machen, dass die Nichtleistung auf der Pandemie beruht.
Wie weitreichend muss ich als Mieter/Pächter vortragen? Wie weitreichende Nachweise darf ich als Vermieter/Verpächter verlangen?
• Eine pauschale Antwort darauf, wie weitreichend für eine Glaubhaftmachung vorgetragen werden muss, gibt es noch nicht. Ausweislich der vorgelegten Tatsachen und Nachweise muss sich die überwiegende Wahrscheinlichkeit ergeben, dass die Nichtzahlung der Miete/Pacht auf den Auswirkungen der Pandemie beruht.
• Die Gesetzesbegründung sieht für Gewerbemieter vor, dass diese den Zusammenhang zwischen Nichtleistung und der Pandemie im Regelfall mit Hinweis auf eine behördliche Verfügung glaubhaft machen können. Für Wohnraummieter genügen regelmäßig die oben genannten Nachweise zum Wegfall vom Einkommen.
• Mieter und Pächter haben somit ausreichend glaubhaft gemacht, dass die Nichtzahlung der Miete und Pacht auf der COVID-19-Pandemie beruht, wenn sie glaubhaft machen, dass ihnen durch die Pandemie das Einkommen bzw. der Umsatz weggebrochen ist. Es obliegt dann dem Vermieter/ Verpächter darzulegen, dass die Nichtleistung andere Ursachen hatte als die COVID-19-Pandemie. Eine Pflicht des Mieters, Pächters, seine gesamten Vermögensverhältnisse gegenüber dem Vermieter und Verpächter zu offenbaren, besteht nicht.
Kann der Vermieter/Verpächter Zahlungsrückstände mit der Kaution verrechnen?
• Nach herrschender Rechtsprechung ist dem Vermieter während des laufenden Vertragsverhältnisses grundsätzlich versagt, die Kaution mit Miet- und Pachtschulden zu verrechnen (BGH Urt. v. 07.05.2014 VIII ZR 234/13).
• Vermieter und Verpächter sind aber berechtigt, Zahlungsrückstände aus dem laufenden Vertragsverhältnis mit der Kaution aufzurechnen, wenn diese unstreitig sind, d.h. vom Mieter/Pächter anerkannt wurden oder von einem Gericht rechtskräftig festgestellt wurden (BGH Urt. v. 07.05.2014 VIII ZR 234/13). Da die Gesetzesänderungen nur das Kündigungsrecht des Vermieters/Verpächters einschränken, die Zahlungspflicht aber bestehen bleibt, sind Mietzahlungen für den Zeitraum der Geltung dieses Gesetzes auch einklag- und vollstreckbar.
• Hat der Vermieter/Verpächter zulässigerweise die Kaution gegen die Mietrückstände aufgerechnet, kann er vom Mieter/Pächter auch Wiederauffüllung verlangen.
B. Das Corona Gesetz zur Wohnungseigentümergemeinschaft
a) Ausdrückliche Regelung
Betreffend der Wohnungseigentümergemeinschaft wurde im Gesetz vom 27.03.2020 scheinbar nur ein ganz kleiner Teil und zwar die Abberufung und Bestellung von Verwaltern und der Wirtschaftsplan in Bezug auf das bestehende Versammlungsverbot bzw. die so genannte Ausgangssperre geregelt.
Unter Art. 2 § 6 Wohnungseigentümergemeinschaften wurde hierzu folgender Gesetzestext verabschiedet:
§ 6 Wohnungseigentümergemeinschaften
(1) Der zuletzt bestellte Verwalter im Sinne des Wohnungseigentumsgesetzes bleibt bis zu seiner Abberufung oder bis zur Bestellung eines neuen Verwalters im Amt.
(2) Der zuletzt von den Wohnungseigentümern beschlossene Wirtschaftsplan gilt bis zum Beschluss eines neuen Wirtschaftsplans fort.
Wobei diese gesetzliche Regelung nur vorübergehend und zwar bis zum 30. September 2020 in Kraft ist.
Das war es? Nein!
b) Leistungsverweigerungsrechte der Verbraucher und Kleinunternehmer als Wohnungs- und Teileigentümer gegenüber der Gemeinschaft
Tatsächlich ist die Wohnungseigentümergemeinschaft in mehrfacher Hinsicht von dem Corona Gesetz zur Regelung des Zivilrechts betroffen.
So gilt hinsichtlich des Hausgeldes für Verbraucher unter den Bedingungen des Art. 240 §1 Abs.1 EGBGB (Moratorium) ein Zurückbehaltungsrecht für diese Zahlungen.
Nach dem Art 5 des Corona Gesetz hat jeder Verbraucher das Recht in Bezug auf ein wesentliches Dauerschuldverhältnis sein Leistungsverweigerungsrecht geltend zu machen, soweit a) die Erbringung der Leistung ohne Gefährdung seines angemessenen Lebensunterhaltes oder b) des angemessenen Lebensunterhaltes seiner unterhaltsberechtigten Angehörigen nicht möglich ist und c) dieser Umstand durch die COVID-19-Pandemie verursacht ist.
Der Art 5 und dort §1 Abs. 1 gilt zwar nicht für Miet- und Pachtverträge über Grundstücke und Räume, aber ein gleichlautender Ausschluss in Hinblick auf Zahlungspflichten der Teil- und Wohnungseigentümer ist in diesem Notstandsgesetz nicht aufgenommen.
Als wesentliches Dauerschuldverhältnis sind solche Dauerschuldverhältnisse zu verstehen, die Leistungen der angemessenen Daseinsvorsorge betreffen. Das Wohnen an sich ist eine angemessene Daseinsvorsorge. Insoweit betrifft die Vorschrift den selbstnutzenden Eigentümer in Bezug auf seine Verpflichtungen gegenüber der Wohnungseigentümergemeinschaft auf Zahlung des Hausgeldes bzw. der Abrechnungsspitzen aus den Jahresabrechnungen.
Mit anderen Worten gesagt:
Jeder selbst nutzende Wohnungseigentümer ist ein Verbraucher. Auch die natürliche Person, welche nur ein oder zwei Wohnungen besitzt und vermietet ist ein Verbraucher. Diese Eigentümer können auf der Grundlage des Art 5 zur Änderung des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuches nach Art. 240 §1 Abs.1 EGBBG die Zahlung des Hausgeldes bis zum 30.6.2020 verweigern, wenn die Erbringung der Leistung ohne Gefährdung seines angemessenen Lebensunterhaltes oder des angemessenen Lebensunterhaltes seiner Angehörigen nicht möglich ist und dieser Umstand auf die COVID-19-Pandemie zurückzuführen ist.
Das Gleiche gilt für Kleinunternehmer, die als Eigentümer eines Teileigentums verpflichtet sind, Hausgeldzahlungen bzw. Zahlungen auf die Abrechnungsspitzen der Jahresabrechnungen zu leisten. Zusätzlich gilt für Kleinunternehmer ein Zahlungsverweigerungsrecht, wenn die Zahlung zu einer Gefährdung der wirtschaftlichen Grundlagen des Gewerbebetriebs des Gläubigers führen würde.
Zu beachten ist dabei, dass auch solche Leistungen von der Notstandsgesetzgebung umfasst werden, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Gesetzes, also vor dem 01.04.2020 bereits fällig waren. Auch diese können auf der Grundlage des Leistungsverweigerungsrechtes befristet bis zum 30.9.2020 nicht mehr durchgesetzt werden.
Wie kann sich ein Verwalter von Wohnungseigentum verhalten, soweit eine zu dem oben genannten Kreis der Verbraucher und Kleinstunternehmer gehörende Person ein Leistungsverweigerungsrecht geltend macht. Kann der Verwalter seinerseits darauf hinweisen, dass es für die Wohnungseigentümergemeinschaft entsprechend § 1 Abs. 3 des Moratoriums unzumutbar ist, dass der Eigentümer die Ausübung des Leistungsverweigerungsrechts geltend macht, denn die Wohnungseigentümergemeinschaft muss ihrerseits ausreichend Geldmittel zur Verfügung haben, um die Verwaltung aufrechtzuerhalten? (Dazu unter c) mehr)
Auf Folgendes hat der Verwalter zunächst zu achten:
• Der Verbraucher oder Kleinstunternehmer muss sich in Bezug auf das Leistungsverweigerungsrecht ausdrücklich auf das Leistungsverweigerungsrecht aufgrund von Einkommensverlusten durch die COVID-19-Pandemie berufen.
• Verbraucher und Kleinstunternehmer müssen auch im Zweifel nachweisen und glaubhaft machen, dass sie Einkommensverluste haben, die durch die COVID-19-Pandemie verursacht sind.
Hier genügen z.B. die Vorlage von Schließungsanordnungen gegenüber dem Kleinunternehmer betreffend seines Kiosk, oder die Bescheinigung des Arbeitgebers zur Kurzarbeit und ähnliches. Ausweislich der vorgelegten Tatsachen und Nachweise muss sich die überwiegende Wahrscheinlichkeit ergeben, dass die Nichtzahlung des Hausgeldes, der Nachforderung oder der Umlage etc. auf den Auswirkungen der Pandemie beruht.
• Verbraucher und Kleinstunternehmer müssen auch im Zweifel nachweisen, dass die Gefährdung seines angemessenen Lebensunterhaltes oder des angemessenen Lebensunterhaltes seiner Angehörigen vorliegt, bzw. dass die Zahlung zu einer Gefährdung der wirtschaftlichen Grundlagen des Gewerbebetriebs führen wird.
Der Nachweis der Gefährdung des angemessenen Lebensunterhalts ist nach unserer Ansicht schwierig. Eine Pflicht des Eigentümers, seine gesamten Vermögensverhältnisse gegenüber dem Verwalter zu offenbaren, besteht nicht. Aber einen Banknachweis über den aktuellen Kontostand des Girokontos oder ein geschwärzter Kontoauszug mit dem aktuellen Kontostand sollte immer und zusätzlich mit einer Bestätigung, dass keine anderweitigen Bankkonten des Eigentümers bestehen, eingefordert werden.
c) Leistungsverweigerungsrechte der Wohnungseigentümergemeinschaft als Verbraucher
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist die Wohnungseigentümergemeinschaft selbst als Verbraucherin im Sinne des Zivilrechts einzustufen (BGH VIII ZR 243/13).
Gleichwohl kann die Wohnungseigentümergemeinschaft selbst in Hinblick auf wesentliche Dauerschuldverhältnisse im Sinne des Corona Gesetzes nach § 1 Abs. 1 Moratorium kein Leistungsverweigerungsrecht geltend machen. Denn Art. 240 §1 Abs.1 EGBGB sieht vor, dass nur dann ein Leistungsverweigerungsrecht vorliegt, wenn dem Verbraucher die Erbringung der Leistung ohne Gefährdung seines angemessenen Lebensunterhalts oder des angemessenen Lebensunterhalts seiner unterhaltsberechtigten Angehörigen nicht möglich ist.
Da eine Wohnungseigentümergemeinschaft selbst keinen angemessenen Lebensunterhalt und auch keine Angehörigen im Sinne des Zivilrechts hat, fällt ein Leistungsverweigerungsrecht zu Gunsten der Wohnungseigentümergemeinschaft als Verbraucher im Sinne des Art. 240 § 1 Abs. 1 EGBGB Moratorium des Corona Gesetzes aus.
Aus den gleichen Gründen kann sich die Wohnungseigentümergemeinschaft gegenüber einem Wohnungseigentümer, der sich auf das Zurückbehaltungsrecht beruft, sich ihrerseits nicht darauf berufen, dass die Ausübung des Zurückbehaltungsrechts für die Wohnungseigentümergemeinschaft unzumutbar ist.
d) Wohnungseigentümerversammlungen
Der Gesetzgeber hat ausdrücklich keine Regelungen zu den Wohnungseigentümerversammlungen getroffen, weil er davon ausgeht, dass infolge der Versammlungsverbote und der Ausgangsbeschränkungen das Abhalten von Versammlungen der Wohnungseigentümer verboten ist. Insoweit sieht der Gesetzgeber § 27 Abs. 1 Nr. 3 Wohnungseigentumsgesetzes (WEG) als einschlägig an und sieht den Verwalter als nach § 27 Abs. 1 Nr. 3 WEG bevollmächtigt, die zum Erhalt des Gemeinschaftseigentums erforderlichen Maßnahmen zu treffen.
Aber reicht das aus?
Was sind Erhaltungsmaßnahmen im Sinne des § 27 Abs. 1 Nr. 3 WEG.
Erhaltungsmaßnahmen im Sinne des §§ 27 Abs. 1 Nr. 3 WEG sind nur solche Maßnahmen, die die Instandhaltung und Instandsetzung des Gemeinschaftseigentums umfasst.
Beschlüsse in Bezug auf die Verlängerung von Versicherungsverträgen oder den erforderlichen Abschluss von Darlehensverträgen oder sonstige erforderliche Rechtshandlungen, um Rechtsnachteile von der WEG abzuhalten, sind in § 27 Abs. 2 Nr. 2 WEG geregelt.
Allerdings stellt sich hier die Frage, ob ein Verwalter hinsichtlich des Neuabschlusses von Darlehensverträgen, Versicherungsverträgen usw., selbst wenn es objektiv erforderlich ist, alleine die Auswahl und Entscheidung treffen möchte und sich damit gegebenenfalls dem Unmut der Wohnungseigentümer aussetzt.
Hier ist darüber nachzudenken, ob es Alternativen gibt.
• Die so genannte virtuelle oder Onlineversammlung ist jedenfalls, soweit in der Teilungsordnung nichts Anderes geregelt ist, generell unzulässig. Gleiches gilt in Hinblick auf sogenannte Telefonkonferenzen.
• Möglich ist ein schriftlicher Umlaufbeschluss gemäß § 23 Abs. 3 WEG. Problem ist, es müssen alle Wohnungseigentümer an diesem Procedere teilnehmen und diesem auch zustimmen. Sollte eine derartige Einstimmigkeit nicht vorliegen, ist umstritten, ob dieser Beschluss nichtig ist oder nur anfechtbar ist. Auch dieses Risiko werden und sollten Verwalter gar nicht erst eingehen.
• Wenn es tatsächlich lichterloh brennt, dann wäre nach der derzeitigen Rechtslage der angeordneten Allgemeinverfügungen zum Versammlungsverbot oder auch zur Ausgangssperre die Möglichkeit gegeben, eine Eigentümerversammlung einzuberufen und die Eigentümer aufzufordern, einen Eigentümer zu bevollmächtigen in ihrem Namen und mit ihrer Vollmacht abzustimmen. Allerdings sollte vorher in der Gemeinschaftsordnung/Teilungserklärung nachgeforscht werden, ob eine Bevollmächtigung durch alle anderen Eigentümer zugunsten eines Eigentümers nicht verboten ist.
Aber selbst wenn es unzulässig sein sollte, kann der Verwalter den Antrag als angenommen im Protokoll aufnehmen und auf eine mögliche Anfechtung warten. Letztlich weiß der Verwalter in der Situation die Mehrheit hinter sich und kann mit wenig Risiko auch nach § 27 Abs. 2 Nr. 2 WEG handeln.
Weitere Informationen zu den Regelungen zur COVID-19-Pandemie finden sie auf unserer Web-Seite www.jus-kanzlei.de.
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Der Autor, Rechtsanwalt Uwe Hartung, ist Partner der Kanzlei JuS Rechtsanwälte, Augsburg (www.jus-kanzlei.de). Er ist Fachanwalt für Miet- und Immobilienrecht sowie Bau- und Architektenrecht. Er beschäftigt sich seit über 20 Jahren vornehmlich mit sämtlichen rechtlichen Fragen des Miet-, Wohnungseigentums und Baurecht. Zudem ist Herr Rechtsanwalt Hartung Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Miet- und Immobilienrecht im Deutschen Anwaltsvereins (ARGE MietR).