Durchblick bei Gratifikationsleistungen – Vorsicht bei Stichtagsregel!
Das Bundesarbeitsgericht muss sich gelegentlich mit Rechtsfragen rund um (Jahres-) Sonderzahlungen befassen, die häufig auch als „Weihnachtsgeld“ bezeichnet werden. In seiner Entscheidung vom 13.11.2013 mit dem Aktenzeichen 10 AZR 848/12 hat es wieder aktuell einen solchen Fall entschieden:
Sachverhalt:
Ein Arbeitgeber zahlte eine jährliche Sonderzahlung in Höhe von 1/12 des jeweiligen Novembergehalts für jeden bezahlten Arbeitsmonat. Als weitere Voraussetzung legte er fest, dass das Arbeitsverhältnis am 31.12. des Auszahlungsjahres ungekündigt sein muss. Ein Arbeitnehmer dieses Arbeitgebers kündigte sein Arbeitsverhältnis bereits zum 30.09. des Auszahlungsjahres und verlangte dennoch für seine neun Arbeitsmonate des Jahres insgesamt 9/12 seines Bruttomonatsgehalts als Gratifikation.
Dies lehnte der Arbeitgeber unter Hinwies auf die Stichtagsregelung ab, weil das Arbeitsverhältnis gekündigt war und deshalb nicht am Jahresende ungekündigt bestand, wie dies Voraussetzung war.
Entscheidungsgrundlagen
Das Bundesarbeitsgericht hat dem Arbeitnehmer die Gratifikation dennoch zugesprochen. Mit einer Jahressonderzahlung gemäß den Regelungen dieses Arbeitgebers werde nicht nur die Betriebstreue für die Zukunft sondern zumindest auch die geleistete Arbeit belohnt, weil die Höhe der Gratifikation von den bezahlten Kalendermonaten des laufenden Jahres abhängig war.
Die Gratifikation hat hier also einen so genannten „Mischcharakter“. Sie belohnt sowohl die Treue für die Zukunft, was in der Stichtagsregelung des ungekündigten Bestands des Arbeitsverhältnisses am 31.12. ausgedrückt ist, aber eben auch die erbrachte Leistung im Auszahlungsjahr, die die konkrete Höhe der Zahlung beeinflusst.
Nach dem Bundesarbeitsgericht kann eine Stichtagsregelung mit Mischcharakter allerdings nicht ohne Weiteres dazu führen, dass vorher ausscheidende Mitarbeiter von der Jahresgratifikation vollständig ausgenommen werden, sofern eben auch die erbrachte Leistung belohnt wird. Ein die Stichtagsregelung rechtfertigender Grund konnte der Arbeitgeber nicht vorbringen. Das Bundesarbeitsgericht sah deshalb in dieser Stichtagsregelung gemäß § 307 Abs. 1 S. 1 BGB eine „unangemessene Benachteiligung“ des klagenden Arbeitnehmers. Der Arbeitgeber konnte sich daher auf seine Voraussetzung des ungekündigten Vertragsbestands zum Jahresende nicht wirksam berufen und der Mitarbeiter erhielt seine Gratifikation.
Praxishinweis:
Wenn Sie Stichtagsregelungen bei Jahresgratifikationen festlegen, sei es im Arbeitsvertrag, in Betriebsvereinbarungen oder durch freiwillige Leistung, achten Sie bei den Voraussetzungen für die Leistung darauf, dass Sie dann auch wirklich nur die Betriebstreue belohnen. Vermeiden Sie in diesem Fall deshalb Regelungen, die zumindest auch die erbrachte Arbeitsleistung beim Grund oder der Höhe der Jahressonderzahlung berücksichtigen. Andernfalls droht Ihnen, dass ein Arbeitsgericht die Stichtagsregelung für nicht wirksam ansieht, weil die erbrachte Arbeitsleistung allein wegen des versäumten Stichtags dann völlig unberücksichtigt bliebe.
Die Folge einer unwirksamen Stichtagsregelung ist nicht der Anspruchsverlust insgesamt, sondern nur der Wegfall der Stichtagsvoraussetzung als unzulässige „zusätzliche Hürde“, weswegen der Anspruch selbst dann bestehen kann.
Wenn Sie jedoch unbedingt einen Mischcharakter erhalten wollen, trennen Sie dann jedenfalls unbedingt jeweils zwischen Grund und Höhe des Teils, der die erbrachte Leistung belohnt und dem anderen Teil, der die Betriebstreue in der Zukunft vergüten soll. Die Klausel muss dann aber insgesamt transparent formuliert sein.
PDF Download:
Durchblick bei Gratifikationsleistungen – Vorsicht bei Stichtagsregel!
Ihre Ansprechpartner: JuS Rechtsanwälte Schloms und Partner beraten mit Ihrem Team Arbeitsrecht in allen innerbetrieblichen Konfliktlagen des Dienst-, Arbeits- und Sozialrechts beginnend bei Fragestellungen rund um Vertrag und Kündigung bis hin zu allen Themen der Mitbestimmung. Gerne können Sie sich an uns wenden.