Aktuelle BGH-Entscheidung zur Insolvenzanfechtung im GmbH-Recht
Das alte Eigenkapitalersatzrecht ist bereits seit einiger Zeit abgeschafft. Die Haftung des Gesellschafters jedoch bleibt bestehen. Gewährt dieser der Gesellschaft ein Darlehen oder eine Sicherheit für ein solches und erfolgt die Rückzahlung durch die Gesellschaft, kann es zur Haftung des Gesellschafters kommen. Das gilt nach neuerem Recht unabhängig von der Krise – also einer wirtschaftlichen Schieflage – der Gesellschaft. Dieser Haftung kann der (Allein-) Gesellschafter einer GmbH auch nicht dadurch entgehen, dass er seinen Gesellschaftsanteil veräußert. Das hat der BGH in einer aktuellen Entscheidung festgestellt (Beschluss vom 30.04.2015, Az. IX ZR 196/13).
Mit Inkrafttreten des MoMiG (Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen) am 01.11.2008 wurden die alten Regelungen zum Eigenkapitalersatzrecht aufgehoben, die sich hauptsächlich im GmbH-Gesetz fanden. Diese Regeln waren von der Rechtsprechung weiter konkretisiert worden. Eine Voraussetzung für die Geltung der alten Regeln war u. a. die Krise der Gesellschaft. Kam es also in der Krise der Gesellschaft zur Rückzahlung eines Gesellschafterdarlehens, haftete der Gesellschafter dafür.
Das Merkmal der „Krise“ ist mit der Neuregelung in der Insolvenzordnung nicht mehr erforderlich. Das Gesetz stellt vielmehr allein auf die Tatsache ab, dass es sich um „Forderungen auf Rückgewähr eines Gesellschafterdarlehens“ handelt (so in § 39 Abs. 1 Nr. 5 der Insolvenzordnung – InsO). Rechtsfolge daraus ist die Nachrangigkeit dieser Forderung im Insolvenzverfahren. Wird diese Forderung in einer gewissen kritischen Zeitspanne bezahlt, haftet der Gesellschafter im Insolvenzverfahren auf Rückzahlung. Das Gesetz bestimmt dafür einen Zeitraum von einem Jahr vor Stellung des Insolvenzantrages, § 135 Abs. 1 Nr. 2 InsO. Denn innerhalb dessen kann der Insolvenzverwalter im Rahmen der Insolvenzanfechtung die Zahlung zurück verlangen.
Eine Besonderheit gab es im aktuell von der Rechtsprechung entschiedenen Fall: Der Gesellschafter hatte zwar eine vorgenannte Zahlung erhalten, seinen Gesellschaftsanteil jedoch bereits in der Jahresfrist des § 135 Abs. 1 Nr. 2 InsO veräußert. Zudem lag im Zahlungszeitpunkt keine wirtschaftliche Schieflage der GmbH vor. Das wandte er gegen den Anspruch des Insolvenzverwalters ein. Das Gericht entschied nunmehr, dass auch der ausgeschiedene Gesellschafter im Wege einer „Nachhaftung“ zur Rückzahlung verpflichtet ist. Allerdings nicht unbegrenzt: hier gilt ebenfalls die Jahresfrist. Auf eine Krise der Gesellschaft kommt es dabei nicht an. Der BGH sieht darin zweierlei: eine Verschärfung der Haftungsregeln wegen des Wegfalls des Merkmals der Krise und eine Entschärfung aufgrund der zeitlichen Begrenzung der Haftung.
Das Gericht hatte gleichzeitig noch über einen weiteren Sachverhalt zu entscheiden. Denn der Gesellschafter hatte einem Dritten für ein Darlehen an die GmbH eine Sicherheit bestellt. Dieses Darlehen wurde ebenfalls binnen Jahresfrist vor dem Insolvenzantrag zurückgezahlt. Auch hierfür haftet der Gesellschafter, in diesem Fall nach § 135 Abs. 2 InsO. Es gelten die gleichen Erwägungen wie zuvor.
PDF Download:
Bericht zur EU-Datenschutz-Grundverordnung vorgelegt
Autor: Rechtsanwalt Sascha Leyendecker ist Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht und Gewerblichen Rechtsschutz in der Kanzlei JuS in Augsburg. Er ist Mitglied in der Deutsch-Schweizerische Juristenvereinigung e.V.