Auf einer Baustelle lauern viele Gefahren. Damit sich diese nicht in einen Schaden verwandeln, treffen den Baustellenbetreiber so genannte Verkehrssicherungspflichten. Demnach muss er Maßnahmen treffen, die das Risiko eines Unfalls verringern. Passiert dennoch etwas, ist der Betreiber zunächst einmal haftbar, es sei denn, der Verantwortliche kann eine so genannte Haftungsprivilegierung geltend machen.
Nach § 104 Sozialgesetzbuch (SGB) VII genießt der einstandspflichtige Bauunternehmer als Arbeitgeber eine Haftungsprivilegierung. Diese gilt für solche Personenschäden, die bei ihm angestellte Arbeiter erleiden. So wird im Interesse des Betriebsfriedens seine Haftung beschränkt und etwaiger Schaden von der Unfallversicherung ausgeglichen.
Ein „Freifahrtschein“ ist dies jedoch nicht, denn die Unfallversicherung hat nach § 110 Abs. 1 SGB VII einen Erstattungsanspruch für den Fall, dass der Unternehmer den Schaden seines Mitarbeiters grob fahrlässig oder vorsätzlich herbeigeführt hat. So kann schon das Außerachtlassen verpflichtender Unfallverhütungsvorschriften ein Verschulden des Unternehmers am Schaden begründen und einen Rückgriffsanspruch der Unfallversicherung ermöglichen (BGH VI ZR 51/13).
Neben § 104 SGB VII sieht auch § 106 Abs. 3 SGB VII eine Haftungserleichterung vor. Hiernach ist die Haftung des Bauunternehmers ausgeschlossen, wenn durch sein Verhalten Arbeiter anderer Unternehmen auf derselben Baustelle einen Schaden erleiden. Das Risiko, dass die Unfallversicherung den Unternehmer nach § 110 SGB VII in Regress nimmt, besteht jedoch auch hier.
Durch die Verletzung einer Verkehrssicherungspflicht und einem daraus resultierenden Unfall, macht sich der primär Einstandspflichtige haftbar. Ihm gegenüber können – ausgenommen des Falls der Haftungsprivilegierung – zivilrechtliche Ansprüche z.B. Schadensersatz und Schmerzensgeld geltend gemacht werden.
Die straf- oder ordnungswidrigkeitsrechtliche Haftung erfasst die Haftungsprivilegierung jedoch in keinem Fall. Bei einer Körperverletzung oder gar dem Tod eines Arbeiters droht dem Verkehrssicherungspflichtigen eine Verurteilung nach §§ 229, 222 oder 319 Strafgesetzbuch (StGB), die im schlimmsten Fall eine Haftstrafe nach sich ziehen kann. Außerdem sind viele Unfallverhütungsvorschriften Bußgeld bewehrt, sodass ein Verstoß mit hohen Geldstrafe geahndet wird. Mit der straf- und ordnungsrechtlichen Haftung ist zudem das Risiko verbunden, dass der Unternehmen von der Teilnahme an öffentlichen Ausschreibungen ausgeschlossen wird.
Angesichts dieser Risiken ist allen Profis auf der Baustelle dringend zu raten, sich mit ihren individuellen Pflichten und den einschlägigen Rechtsnormen auseinanderzusetzen.
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Der Autor: Rechtsanwalt Thomas Schmitt, ist Partner der Kanzlei JuS Rechtsanwälte, Augsburg (www.jus-kanzlei.de). Er ist Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht und Schlichter nach SOBau des Deutschen Anwaltverein (DAV). Er beschäftigt sich seit über 18 Jahren vornehmlich mit sämtlichen rechtlichen Fragen des Bau-, Architekten- und Immobilienrechts. Zudem ist Herr Rechtsanwalt Schmitt Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Bau- und Immobilienrecht im Deutschen Anwaltsvereins (ARGE BauR).