Cafebesitzerin verweigert Kindern unter 6 Jahren den Zugang. „Adults only“ in Hotels? Disco nur für Deutsche? Ladies Night? Was ist überhaupt erlaubt?
Kürzlich auf Instagram und kurz darauf in den bekanntesten deutschen Zeitungen: eine Cafe- Inhaberin in Hamburg gestattet in ihrem Cafe Kindern unter 6 Jahren keinen Zutritt. Ein Shitstorm auf Instagram folgte und mündete darin, dass „Kevin-6 Jahre“ die Fassade des Cafes beschmierte.
Entrüstete Social-Media –Nutzer, die argumentieren, dass Kinder nunmal dazu gehören auf der einen Seite und viele, viele Stimmen, die das Konzept völlig ok oder sogar gut finden.
Wie sieht es hier rechtlich aus? Stellt das Zutrittsverbot eine Diskriminierung der unter 6jährigen dar? Wie ist es in Hotels – ist „Adults-Only“ zulässig? Ist es erlaubt eine Damensauna zu betreiben - oder stellt dies eine Diskriminierung von Männern dar? Wie ist es mit Discotheken oder Fitnessstudios? „Muss“ jeder reingelassen werden?
Grundsätzlich ist es so, dass die Betreiber von Hotels, Gaststätten, Diskotheken usw. ein sog. Hausrecht innehaben und im Rahmen ihrer Unternehmensfreiheit sich Ihre Gäste bzw. Kunden aussuchen dürfen. Daher wäre ein Ausschluss von ganzen Personengruppen grundsätzlich möglich.
Hier schiebt allerdings das Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) - auch Antidiskriminierungsgesetz genannt - einen Riegel vor:
Niemand darf wegen seiner Rasse oder ethnischen Herkunft, wegen des Geschlechts, der Religion, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität bei der Begründung, Durchführung und Beendigung zivilrechtlicher Schuldverhältnisse, die typischerweise ohne Ansehen der Person zu vergleichbaren Bedingungen in einer Vielzahl von Fällen zustande kommen (Massengeschäfte) oder bei denen das Ansehen der Person nach der Art des Schuldverhältnisses eine nachrangige Bedeutung hat und die zu vergleichbaren Bedingungen in einer Vielzahl von Fällen zustande kommen benachteiligt werden.
Wer also ein „Massengeschäft“ anbietet (dies ist bei Restaurants, Cafes, Hotels, Schwimmbäder, Discotheken oder Fitnessclubs gegeben bei dem es keine Rolle spielt, wer der Kunde ist, darf Kinder (das Alter bezieht sich auch auf das Kindheitsalter), Ausländer, Männer etc. grundsätzlich nicht pauschal ausschließen.
Nach dem AGG sind unterschiedliche Behandlungen allerdings dann zulässig, wenn es einen nachvollziehbaren, sachlichen Grund für die Ungleichbehandlung gibt. Sobald also ein sachlicher Grund gegeben ist, ist auch ein kinderfreies Restaurant oder Cafe bzw. adults-only-hotels rechtlich erlaubt.
Was ist als sachlicher Grund bislang in der Rechtsprechung anerkannt?
Zu „Adults-only-Hotels“ existiert ein Urteil des Landgerichts Hannover vom 23.01.2013 (AZ: 6 O 115/12). Eine Familie hatte hier gegen ein kinderfreies Hotel geklagt und Schadensersatz verlangt. Das Landgericht stellte allerdings fest, dass es einem Hotelbetreiber zustehe, sich seine Gäste auszusuchen – dies sei Teil seiner unternehmerischen Vertragsfreiheit. Der sachliche Grund, der vorliegend nicht zu der Altersdikrimierung führte, sei ein „gänzlich anderes Ruhe- und Erholungsbedürfnis“ von Kindern im Gegensatz zu Erwachsenen. Adults- Only-Angebote sind eine besondere Form der Spezialisierung von Hotels oder Restaurant über die allein der Betreiber entscheidet.
Was könnte der sachliche Grund in einem Cafe oder Restaurant darstellen?
Ob allein ein höherer Lärmpegel der von Kindern unter 6 Jahren vermeintlich ausgeht schon ausreichend ist, ist bislang nicht geklärt.
Auch im Cafe könnte die gezielte Ansprache eines bestimmten Kundenkreises, die der Gastronom mit seiner „kinderfreien Zone“ anlocken möchte, ein sachlicher Grund sein. Sozusagen ein spezielles Angebot für Menschen, die einen kinderfreien Tag/Abend/Aufenthalt verbringen möchten.
Damit werden die Cafebetreiber höchstwahrscheinlich argumentieren, letztlich verbleibt hier allerdings ein Risiko, wie das die Gerichte im Einzelfall sehen werden.
Das Geschlecht ist wie das Alter eines der Differenzierungsmerkmale, die das AGG auflistet. Eine Ungleichbehandlung zwischen Mann und Frau kann nach AGG ausdrücklich gerechtfertigt werden, wenn die Unterscheidungen, „dem Bedürfnis nach Schutz der Intimsphäre“ oder der „persönlichen Sicherheit“ Rechnung tragen. Dies rechtfertigt daher die Einrichtung von Frauenparkplätzen oder „Ladies only“ Angebote in Schwimmbädern oder Saunen.
Was gilt bei Discotheken?
Ein denkbares Szenario: Eine Freundesgruppe möchte zusammen in die Diskothek. Alle bis auf einen dürfen rein. Der Benachteiligte ist zufällig dunkelhäutig.
Hier existieren bereits mehrere Urteile: Beim Discobesuch darf nicht diskriminiert werden. Das Amtsgericht Oldenburg(Urteil vom 23.07.2008, Az. E 2 C 2126/07), das AG Bremen (Urteil vom 12.01.2010, Az. 25 C 28/10), das Oberlandesgericht Stuttgart (Urteil vom 12.12.2011, Az. 10 U 106/11) und das Amtsgericht Hannover (Urteil vom 14.08.2013, Az. 462 C 10744/12) urteilten, dass Diskothekenbetreiber Verträge mit ihren Gästen typischerweise ohne Ansehen der Person und in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen schließen – also Massengeschäfte. Wer den Gästen den Zugang grundlos verweigert, muss mit Schadenersatz, Entschädigung und Unterlassungsansprüchen rechnen. In diesen Fällen ist das Gericht jeweils zu der Überzeugung gelangt, dass die Zurückweisung deshalb erfolgte, weil Ausländer nicht in der Diskothek erwünscht seien. Denn während dem jeweiligen Betroffenen der Zutritt zur Diskothek verwehrt wurde, konnten zeitgleich Gäste ohne Migrationshintergrund die Diskothek problemlos betreten. Dieser Beweis wurde jeweils vom Kläger (die Freunde können hierbei als Zeugen herangezogen werden) erbracht.
Was ist mit Ü- oder U- 30 Partys?
Diese stellen eine sog. Zielgruppenveranstaltung dar. Hier wird angenommen, dass Veranstalter den Zugang dazu nicht ohne Ansehen der Person anbieten möchten. Eine solche Veranstaltung wird für Gäste gerade deshalb attraktiv, weil die eigene Altersgruppe mit der jeweils eigenen Musik, Sprache und Subkultur repräsentiert wird. Veranstalter, die ein entsprechend gezieltes Unterhaltungsangebot schaffen, dürfen davon ausgehen, dass diejenigen, die nicht in die Alters- und Zielgruppe fallen, sich auch per gesetzlicher Hilfe keinen Zutritt verschaffen. Die Ungleichbehandlungen wegen des Alters sind daher nicht automatisch willkürlich, wenn sie aus nachvollziehbaren Gründen erfolgen. Je nach Motto und Konzept haben dann jüngere wie ältere Menschen das situative Nachsehen. Das Motto darf allerdings nicht vorgeschoben sein und das Veranstalterkonzept darf im Übrigen nicht zu beanstanden sein. Denn problematisch würde es, wenn eine „aktiv geführte“ Ungleichbehandlung zu einer Legalisierung der Ungleichbehandlung führen würde. Wer etwa als Diskothek eine „Ausländerfreie-Party“ anbieten möchte, könnte sich die Argumentation eines „Mottos“ oder „Zielgruppe“ zu eigen machen und vortragen, dass es sich um kein Massengeschäft i.S.d. §19 I Nr.1 AGG handelt. Daher ist davon auszugehen, dass gerichtlich nur Zielgruppenveranstaltungen Bestand haben, die auch gesellschaftlich eine gewisse Anerkennung genießen. Eine Ü-30-Party wird hier keinen Bedenken begegnen, eine „Keine-Ausländer-Party“ hingegen schon.
Die rechtlichen Konsequenzen: Ist ein Verstoß gegen das AGG gegeben, kann der Benachteiligte Beseitigung bzw. Unterlassung verlangen. Zudem hat er einen Anspruch auf Schadensersatz, sofern ihm durch die Diskriminierung ein Schaden entstanden ist. Zudem kann er einen Entschädigungsanspruch für Nichtvermögensschäden geltend machen (eine Art Schmerzensgeld für den entgangenen Genuss durch die Benachteiligung).
....und was ist mit Parteimitgliedern....?
2018 wurden zum Parteitag der AfD in Augsburg bereits gebuchte und bestätigte Hotelzimmer von AfD-Mitgliedern storniert. Im Oktober 2018 wurde eine AfD-Politikerin in einer Münchner Bar nach Aufnahme der Bestellung des Hauses verwiesen. Erfolgte dies rechtmäßig? In den genannten Fällen gilt ebenfalls das Hausrecht, das wie oben dargestellt eine Zutrittsverweigerung erlaubt. Das AGG greift „politische Anschauungen “ allerdings nicht auf und erlangt daher keine Geltung. Auch Art. 3 GG, welcher die politische Anschauung erwähnt, greift in diesen Fällen nicht, da Art. 3 GG auch nach den „Grundsätzen der mittelbaren Drittwirkung kein objektives Verfassungsprinzip entnehmen lasse, wonach die Rechtsbeziehungen zwischen Privaten von diesen prinzipiell gleichheitsgerecht zu gestalten wären“( 1 BvR 3080/09). D. h wenn zwischen zwei privaten Personen ein Hausverbot verhängt wird, ist Art. 3 GG schon nicht einschlägig.
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