Weit verbreitet ist die Ansicht, dass der Käufer einer mangelbehafteten Sache dem Verkäufer mindestens zweimal (oder gar dreimal) die Gelegenheit geben muss, einen aufgetretenen Mangel zu beseitigen. Hierzu eine aktuelle Entscheidung des Bundesgerichtshofes – BGH, Urteil vom 26.08.2020 – VIII ZR 351/19
Sachverhalt (vereinfacht dargestellt)
Mit Datum vom 14.05.2018 rügte der Käufer gegenüber dem gewerblichen Verkäufer einen Mangel an der Lackierung des Fahrzeugs im Bereich der Motorhaube, der A-Säule und am Heckdeckel. Er setzte dem Händler eine Frist zur Nachbesserung bis zum 30.05.2018. Die Nachbesserung, fand dann im Zeitraum vom 20.05. bis zum 29.05.2018, mithin innerhalb der gesetzten Frist statt. Einige Tage nach Abholung (29.05.2018) des Fahrzeugs beanstandete der Käufer, die Mängel seien nicht vollständig beseitigt und die (teilweise) erfolgte Neulackierung nicht fachgerecht ausgeführt worden. Der Käufer erklärte den Rücktritt vom Kaufvertrag. Der Händler wies das Rücktrittsbegehren zurück. Der Käufer hätte ihm eine zweite Möglichkeit der Nachbesserung einräumen müssen.
Hierzu der BGH:
- Die vom Käufer gesetzte angemessene Frist zur Nacherfüllung ist nicht bereits dann gewahrt, wenn der Verkäufer innerhalb der Frist die Leistungshandlung erbracht hat; vielmehr muss auch der Leistungserfolg eingetreten sein. Die Frist ist allerdings so zu bemessen, dass der Verkäufer bei ordnungsgemäßem Vorgehen vor Fristablauf voraussichtlich nicht nur die Leistungshandlung vornehmen, sondern auch den Leistungserfolg herbeiführen kann.
- Hat der Käufer eine angemessene Frist zur Nachbesserung gesetzt, die erfolglos abgelaufen ist, so ist er grundsätzlich nicht gehalten, dem Verkäufer eine zweite Gelegenheit zur Nachbesserung einzuräumen, bevor er den Rücktritt vom Kaufvertrag erklärt. Ein zweimaliges Fehlschlagen der Nachbesserung ist nur dann Rücktrittvoraussetzung, wenn der Käufer sein Nachbesserungsverlangen nicht mit einer Fristsetzung verbunden hat.
BGH, Urteil vom 26.08.2020 – VIII ZR 351/19
Im Ergebnis ist somit festzuhalten, dass der Käufer lediglich gehalten ist, dem Verkäufer eine angemessene Frist zur Nachbesserung zu setzen. Läuft diese Frist ab, ohne das der gerügte Mangel (vollständig) beseitigt wurde, ist der Käufer berechtigt, den Rücktritt zu erklären. Er ist grundsätzlich nicht verpflichtet, dem Verkäufer eine zweite Chance zur Nachbesserung einzuräumen.
Etwas Anderes gilt nur dann, wenn der Verkäufer seitens des Käufers ohne Fristsetzung zur Nachbesserung aufgefordert wurde. In diesem Fall ist dem Verkäufer eine zweite Möglichkeit der Nachbesserung zu gewähren.
Praxistipp:
Auf Grundlage der vorgenannten Rechtsprechung steht dem Händler sehr häufig faktisch lediglich ein Versuch der Nachbesserung zu. Demzufolge gilt es die gesetzte Frist zu nutzen, um kostspielige rechtliche Weiterungen zu vermeiden. Insofern sollte der Nachbesserungskunde als "VIP-Kunde" behandelt und die Werkstattverantwortlichen entsprechend sensibilisiert werden.
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Der Autor, Rechtsanwalt Holger Knopp, Fachanwalt für Verkehrsrecht Augsburg mit dem Tätigkeitsschwerpunkt Versicherungsrecht