„Können wir das ohne Rechnung machen?“ „Brauchen Sie eine Rechnung?“
(zur Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom 01.08.2013 und zum Verhandlungstermin des BGH am 10.04.2014,VII ZR 241/13)
Mitunter sehen sich Handwerker durch Haus- und Wohnungseigentümer mit dieser Frage konfrontiert. Mancher Handwerker suggeriert dabei auch von sich aus, es lohne sich nicht, für eine kleine Reparatur, wie den Tausch eines Fensters, einer Mischbatterie oder das Streichen eines Zimmers, gleich eine Rechnung zu schreiben. Kunde und Handwerker könnten doch direkt und in bar abrechnen, der eine spare dadurch Einkommens-, der andere Mehrwertsteuer. Anderseits taucht diese Frage auch direkt von Auftraggeberseite auf. Vor diesen Geschäften sind grundsätzlich beide Seiten zu warnen, denn es handelt es dabei stets um so genannte „Ohne-Rechnung-Abreden“ – also um „Schwarzarbeit“.
Schwarzarbeit ist verboten. Wer dabei erwischt wird, gleich ob Handwerker oder Auftraggeber, der wird bestraft. Denn Schwarzarbeit ist Steuerhinterziehung. In der letzten Zeit mussten sich verschiedene Gerichte immer wieder mit dem Thema beschäftigen.
Auftraggeber hatten die Firmen, die ohne Rechnung für sie gearbeitet hatten, verklagt, um Gewährleistungsansprüche durchzusetzen. Die Gerichte hatten dabei zunächst in einigen Urteilen entschieden, dass diese Gewährleistungsansprüche nicht einklagbar seien, weil es sich bei Schwarzarbeit um Steuerhinterziehung handele, und dadurch der Vertrag zwischen den Parteien ohnehin ungültig sei.
Der Bundesgerichtshof hatte jedoch in der jüngeren Vergangenheit zwei dieser Urteile aufgehoben und verkündet: Auch Kunden, die sich auf Schwarzarbeit eingelassen hätten, könnten bei mangelhafter Arbeit Gewährleistungsansprüche gegenüber der Baufirma dennoch geltend machen (VII ZR 42/07 und VII ZR 140/07). Der Handwerker konnte sich also nach dieser durchaus neueren BGH - Rechtsprechung im Streitfall nicht darauf berufen, der Vertrag sei insgesamt gesetzwidrig und er müsse deshalb für Mängel nicht gerade stehen. Dem BGH ging es dabei darum, die Handwerker, die ihren Lohn am Finanzamt vorbeikassieren, nicht auch noch mit der Befreiung von der Gewährleistungspflicht zu belohnen.
Damit kam der BGH zwar den Bauherren entgegen, dies aber nur bedingt, denn: Schwarzarbeit ist und bleibt verboten! Ertappte Bauherren mussten und müssen weiterhin mit Strafen rechnen. Und ertappt werden sie spätestens dann, wenn sie ihr Recht vor Gericht suchen. Hinzu kommt ein weiterer Aspekt: Bezahlt der Kunde die Schwarzarbeit bar auf die Hand, bekommt er vom Unternehmer dafür keine Quittung. Plagt den Unternehmer dann später das Gewissen oder die Angst vor Entdeckung und er schickt doch noch eine ordentliche Rechnung, dann kann der Auftraggeber i.d.R. nicht beweisen, dass er den „Werklohn“ bereits bezahlt hat. Unter Umständen begleicht er also mangels Beweismöglichkeit bei Gericht diese Schuld dann doppelt.
Diese neuere Rechtsprechung zur Unwirksamkeit von "Ohne-Rechnung-Abreden" hatte der BGH in seiner Entscheidung vom 01.08.2013 nochmals an die geänderte Gesetzeslage angepasst. Es handelt sich dabei um das erste Urteil des BGH zur Neufassung des SchwarzArbG vom 23.07.2004. Erst seit dieser Gesetzesreform hat der Gesetzgeber die Absprache zur Steuerhinterziehung in § 1 Abs. 2 Nr. 2 Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz (SchwarzArbG) erfasst.
Gem. der bisherigen Gesetzeslage verstieß der Handwerkerunternehmer bei „Arbeiten ohne Rechnung“ also „nur“ gegen Steuerrecht und der Bauherr leistete dazu nach den Urteilsgründen des BGH „nur“ Beihilfe. Den Gerichten war es daher bis zur BGH - Entscheidung vom 01.08.2013 möglich den Bauvertrag über die Anwendung von Treu und Glauben (§ 242 BGB) „zu retten“, d.h. die Chancen, dass die Gerichte den von den Parteien geschlossenen Bauvertrag dennoch (trotz einer "Ohne-Rechnung-Abrede") als wirksam beurteilten, standen recht gut. Dem hat der BGH in seiner Entscheidung vom 01.08.2013 endgültig einen Riegel vorgeschoben und in seinen Leitsätzen zum Urteil vom 01.08.2013 entschieden:
Ein Vertrag der dazu dient, dass eine Vertragspartei als Steuerpflichtige ihre sich aufgrund der nach dem Vertrag geschuldeten Werkleistungen ergebenden steuerlichen Pflichten nicht erfüllt, verstößt gegen das Verbot gem. § 1 Abs. 2 Nr. 2 SchwarzArbG.
Dieses Verbot führt zur Nichtigkeit des Vertrages insgesamt (gem. § 134 BGB), wenn der Unternehmer vorsätzlich hiergegen verstößt und der Besteller den Verstoß des Unternehmers kennt und bewusst zum eigenen Vorteil ausnutzt.
Mängelansprüche (Gewährleistungsansprüche) des Bestellers bestehen in diesem Fall grundsätzlich nicht.
In seinem aktuellen Terminhinweis vom 19.2.2014 kündigt der BGH nun einen weiteren Verhandlungstermin für den 10.04.2014 im Verfahren AZ VII ZR 241/13 an. Dort muss der BGH nun im Anschluss an seine Entscheidung vom 01.08.2013 auch die weitere (und bis dato offen gebliebene) sehr interessante Fragestellung entscheiden, ob der Auftragnehmer trotz des Verstoßes gegen das SchwarzArbG einen Anspruch auf Bezahlung von Werklohn hat, wenn er seine Leistung erbracht hat. Im zu entscheidenden Fall ließen die Beklagten 2010 Reihenhäuser auf ihrem Grundstück errichten. Die Beklagten beauftragten dazu eine Fachfirma mit der Ausführung der Elektroinstallation. Vereinbart wurde ein Werklohn von 13.800 Euro, sowie die „weitere Barzahlung von 5.000 Euro ohne Rechnungsstellung“. Die Klägerin hatte die Elektroinstallation ausgeführt, die Beklagten haben die vereinbarten Beträge jedoch nur teilweise entrichtet. Das zuständige Landgericht hatte der Klägerin die geltend gemachte Restforderung unter Abzug von Mängelbeseitigungskosten ganz überwiegend zugesprochen. In der zweiten Instanz wurde die Klage vom Oberlandesgericht dagegen abgewiesen. Zur Begründung hat es u.a. ausgeführt, der Klägerin stehe ein Werklohnanspruch nicht zu, weil der Vertrag wegen des Verstoßes gegen § 1 Abs. 2 Nr. 2 SchwarzArbG nichtig sei. Auch ein Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung stehe der Klägerin gemäß § 817 Satz 2 BGB nicht zu, da sie mit ihrer Leistung bewusst gegen das Gesetz verstoßen habe. Das Berufungsgericht hat die Revision zum BGH zugelassen, weil es meint, mit seiner Entscheidung u.a. von einem älteren Urteil des Bundesgerichtshofs vom 31. Mai 1990 (AZ VII ZR 336/89, BGHZ 111, 308) abzuweichen. In diesem Urteil aus dem Jahr 1990 hatte der Bundesgerichtshof die Möglichkeit eines Bereicherungsanspruchs trotz eines Verstoßes gegen das Gesetz zur Bekämpfung der Schwarzarbeit unter Berufung auf Treu und Glauben bejaht.
Im Zusammenhang bleibt an die steuerlichen Abzugsmöglichkeiten für Handwerkerleistungen im Bereich von Renovierungs-, Erhaltungs- und Modernisierungsmaßnahmen zu erinnern. Nur wer eine Rechnung hat, der kann hier auch etwas absetzen: Insgesamt 20 Prozent der Lohnkosten - maximal 3.000 Euro - können pro Jahr steuerlich geltend gemacht werden. Damit beträgt die Steuerersparnis bis zu 600 Euro im Jahr. Das ist dann im Gegensatz zur Schwarzarbeit völlig legal und schont obendrein die Nerven!
Rechnungen müssen im Übrigen aufbewahrt werden: Geschäftsleute dürfen diese zehn Jahre lang nicht entsorgen, private Bauherren müssen sie immerhin noch zwei Jahre aufheben. Auch damit will der Gesetzgeber die Schwarzarbeit eindämmen. Kann der Bauherr innerhalb dieser Zeit dem Finanzamt auf Nachfrage keine Rechnung vorweisen, droht ihm ein Bußgeld von bis zu 5.000 Euro.
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Autor: Rechtsanwalt Thomas Schmitt, ist Partner der Kanzlei JuS Rechtsanwälte, Augsburg (www.jus-kanzlei.de). Er ist Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht und Schlichter gemäß der Schiedsordnung Bau (SOBau) des DAV. Er beschäftigt sich über 16 Jahren vornehmlich mit sämtlichen rechtlichen Fragen des Bau-, Architekten- und Immobilienrechts. Zudem ist Herr Rechtsanwalt Schmitt Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Bau- und Immobilienrecht im Deutschen Anwaltsvereins (ARGE BauR).