Rechtsanwälte sind Dienstleister und helfen bei der Vertragsgestaltung. Sie beraten ihre Mandanten und kämpfen im Ernstfall vor Gericht für sie. In den Augen der meisten Menschen sind sie vor allem „Troubleshooter“ in höchster Not. Dieser Gedanke herrscht leider noch ganz häufig vor, geht jedoch überwiegend viel.
In aller Regel können gerade im Bauwesen die Mandanten vom fachlichen Know-how eines Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht noch erheblich mehr profitieren, wenn dieser von Beginn an, etwa wie ihre zahlreichen Fachingenieure in den gesamten Planungs- und Bauprozess, mit einbinden würden. Während z.B. der Fachingenieur für Brandschutz den Bau von Anfang an begleitet, wird der „Fachplaner für Vertragsgestaltung“ in der Regel erst hinzugezogen, wenn es sprichwörtlich brennt. Wären Baurechtsanwälte ebenfalls von Beginn an dabei, entstünden viele Probleme gar nicht erst. Oft sind die auftretenden Probleme gerade bei der Vertragsgestaltung „hausgemacht“: Gute Verträge zeichnen sich durch Klarheit und Fairness aus.
Hohen Stellenwert bei der Vertragsgestaltung haben Rechts- und Investitionssicherheit
Besondere Bedeutung kommt bei der Vertragsgestaltung auch der so genannten Rechts- und damit Investitionssicherheit zu. Gerade hier unterlaufen den Vertragsparteien oft schwere Irrtümer, die sich fatal auswirken können. Verträge am Bau werden häufig gar nicht ausgehandelt, sondern eine Vertragspartei diktiert der anderen schlichtweg ihre Bedingungen. Solche vorformulierten Klauseln stellen in der juristischen Praxis in aller Regel so genannte Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGBs) dar und unterliegen damit einer strengen Rechtskontrolle durch das Gericht, die sich auch in keiner Hinsicht ausschließen lässt. Das hat zur Folge, dass einzelne Vertragspassagen mitunter erst lange nach Vertragsabschluss im Rahmen von juristischen Auseinandersetzungen oder schlimmstenfalls im Urteil durch das Gericht als unwirksam „gebrandmarkt“ werden. Unwirksame Vertragsklauseln benachteiligen eben dann den Verwender der Vertragsklausel, denn die von Gesetzes wegen durch das Gericht durchzuführende so genannte Klauselkontrolle dient alleine nur dem Schutz des Vertragspartners. Verwender von unwirksamen Vertragsbestimmungen bleiben damit auf den für sie weniger vorteilhaften Klauseln „sitzen“ und am Ende bleibt, aufgrund mangelhafter Vertragsgestaltung, nur noch ein Bauvertrag übrig mit Inhalten, die der Verwender des Bauvertrages in dieser Form bestimmt nicht wollte.
Kann detaillierte Vertragsgestaltung durch Verhandlungsprotokolle vermieden werden?
Ein weit verbreiteter Irrtum der Mandanten ist auch die Tatsache, dass man detaillierte Vertragsgestaltung durch Verhandlungsprotokolle vermeiden könnte, ohne, dass nicht tatsächlich auch eine Verhandlung jemals stattgefunden hat. Für eine „echte“ Verhandlung verlangt der BGH nach seiner neueren Rechtsprechung nämlich weit mehr als ein bloßes Verhandeln. Der BGH verlangt hier gemäß § 305 Abs. 1 S. 3 BGB ein „Aushandeln“ dergestalt, wonach der Verwender den (in seinen AGB enthaltenen gesetzesfremden) Kerngehalt der Vertragsklausel inhaltlich ernsthaft gegenüber dem Vertragspartner zur Disposition stellt und dem Vertragspartner dabei Gestaltungsfreiheit zur Wahrung seiner eigenen Interessen einräumt. Ein typisches Beispiel derart unwirksamer Vertragsklauseln findet sich häufig in solchen Verträgen wieder, welche Bauträger, Bauunternehmer, Generalunternehmer oder Generalsplaner mit ihren Subunternehmern abschließen (bzw. als vermeintlich wirksam abschließen wollen). Hier wird ganz häufig in der Baupraxis - jedoch wider der Baurechtspraxis - eine so genannte „pay when paid-Klausel“ in den Vertrag aufgenommen, wonach der Subunternehmer seinen Werklohn erst dann bezahlt bekommen soll, wenn der beauftragende Bauträger, Bauunternehmer, Generalunternehmer oder Generalsplaner seinerseits sein Geld vom (Haupt-) Auftraggeber bekommen hat. Das funktioniert jedoch wie ausgeführt in Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Auftraggebers nie. Baurechtsanwälte empfehlen dem Mandanten die richtigen Alternativen; im genannten Beispiel etwa den Abschluss einer Stundungsvereinbarung mit Zinsvereinbarung oder vom Hauptvertrag abweichende Fälligkeitstermine.
Aber auch in vermeintlich „ganz normalen“ Bauverträgen zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer sind die vorgenannten Gefahren (Unwirksamkeit der beabsichtigten Vertragsklausel) ganz schnell selbst „hineingeschrieben“ und somit „hausgemacht“. Zu benennen sind an dieser Stelle nur einmal die am Markt in vielen Regelwerken immer wieder auftauchenden und vom Auftraggeber bzw. Bauherren gewünschten Klauseln betreffend Skontovereinbarungen, Zahlungsmodalitäten, Vertragsstrafenregelungen, Gewährleistung, die Vereinbarung der VOB/B. Zu all diesen Dingen hat die Rechtsprechung ganz klare Vorgaben hinsichtlich einer Wirksamkeitsprüfung nach AGB-Recht aufgestellt.
Bedient sich der Bauherr eines Architekten, wonach dieser bei der Vergabe mitwirkt, so gehört dazu auch die Vorbereitung der erforderlichen Verträge einschließlich der Ausarbeitung der Vertragsbedingungen. Erweisen diese Vertragsklauseln sich dann wegen eines solchen Verstoßes gegen §§ 305 ff. BGB (da einzelne oder mehrere Klauseln als Allgemeine Geschäftsbedingungen einzuordnen sind und gegen das gesetzliche Baurecht des BGB verstoßen) haftet der Architekt dem Bauherrn grundsätzlich nach §§ 634 Nr. 4, 636 BGB. Bei der Vorbereitung der Vertragsbedingungen wird vom Architekt die Kenntnis der „klassischen Bestandteile von Bauwerksverträgen“ vorausgesetzt und verlangt. Hieran ändert sich auch nichts dadurch, dass der Architekt den Vertragsentwurf dem Bauherren mit der Bitte übermittelt, den Vertrag durch einen Rechtsanwalt prüfen zu lassen.
Hinzuweisen ist abschließend auch noch darauf, dass eine Vertragsklausel nach Gesetz und Rechtsprechung stets bereits dann als Allgemeine Geschäftsbedingung eingestuft wird, wenn der Vertrag oder auch nur die einzelne Vertragsklausel eine für eine Vielzahl von Fällen vorformulierte Klausel darstellt. Dies ist in der Praxis bei von Bauunternehmern, Architekten oder Ingenieuren verwendeten Schriftstücken, Vertragsmustern Verhandlungsprotokollen etc. (da meist vorformuliert im eigenen PC vorhanden) in aller Regel der Fall.
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Autor: Rechtsanwalt Thomas Schmitt, ist Partner der Kanzlei JuS Rechtsanwälte, Augsburg (www.jus-kanzlei.de). Er ist Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht und Schlichter nach SOBau des Deutschen Anwaltverein (DAV). Er beschäftigt sich seit über 16 Jahren vornehmlich mit sämtlichen rechtlichen Fragen des Bau-, Architekten- und Immobilienrechts. Zudem ist Herr Rechtsanwalt Schmitt Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Bau- und Immobilienrecht im Deutschen Anwaltsvereins (ARGE BauR).