Wortklauberei geht weiter – diesmal zulasten des Verbrauchers
Die aktuelle obergerichtliche Rechtsprechung gibt weiterhin Anlass, sich mit dem Thema der Widerrufsbelehrung beim Verbraucher-Darlehensvertrag zu befassen. Das OLG Köln hat in einem Berufungsverfahren einen Hinweisbeschluss erlassen (OLG Köln vom 10.08.2015, Az. 13 U 81/14; GWR 2015,455). Danach hatte die Berufung des widerrufenden Verbrauchers keine Erfolgsaussicht.
Zum Hintergrund (vereinfacht): der Kläger hatte als Verbraucher im Jahr 2008 einen Darlehensvertrag geschlossen. Dieser enthielt eine Widerrufsbelehrung, die der Verbraucher im Jahr 2013 für fehlerhaft hielt und daher den Widerruf erklärte. Er berief sich dabei auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (BGH) aus dem Jahr 2009 (Urteil vom 10.09.2009, Az. XI ZR 33/08, BGHZ 180, 123). Allerdings war der Darlehensvertrag bereits im Jahr 2011 auf Wunsch des Verbrauchers und gegen eine Geldzahlung vorzeitig beendet worden. Diese Geldzahlung erhoffte der Verbraucher mit dem Widerruf zurück zu erhalten. Ein Rückzahlungsanspruch besteht aber nach Ansicht des OLG Köln nicht.
Der Grund liegt letztlich im unterschiedlichen Wortlaut der Widerrufsbelehrungen.
Im Fall der BGH-Entscheidung lautete die Belehrung:
„Der Lauf der Frist für den Widerruf beginnt einen Tag, nachdem dem Darlehensnehmer diese Belehrung mitgeteilt und eine Vertragsurkunde, der schriftliche Darlehensantrag oder eine Abschrift der Vertragsurkunde oder des Darlehensantrages zur Verfügung gestellt wurde.“ (BGH aaO., Rn. 3)
Diese Belehrung war dem Verbraucher auch bereits zusammen mit dem Darlehensantrag übermittelt worden. Die Annahme dieses Antrages durch den Verbraucher erfolgte erst einige Zeit später. Nach Ansicht des BGH konnte der Verbraucher den unzutreffenden Eindruck gewinnen, die Widerrufsfrist habe bereits mit dem Erhalt der Widerrufsbelehrung zusammen mit dem Darlehensantrag begonnen, unabhängig vom Zeitpunkt der (Annahme-) Erklärung des Verbrauchers, die erst zum Vertragsschluss führte.
Das war im Fall des OLG Köln anders:
„Von der in BGHZ a.a.O. als fehlerhaft angesehenen Formulierung über den Fristbeginn unterscheidet sich die vorliegende dadurch, dass sie den Fristbeginn ausdrücklich daran knüpft, dass dem Verbraucher auch seine eigene Vertragserklärung zur Verfügung gestellt wurde (...bevor Ihnen auch eine Vertragsurkunde, Ihr schriftlicher Antrag oder eine Abschrift der Vertragsurkunde oder des Antrags zur Verfügung gestellt worden ist...“ (OLG Köln aaO., Rn. 13)
Offenbar war in diesem Fall die Muster-Widerrufsbelehrung (in der bis 10.06.2010 geltenden Fassung) verwendet worden. Diese lautet auszugsweise:
„Sie können Ihre Vertragserklärung … widerrufen. Die Frist beginnt nach Erhalt dieser Belehrung, jedoch nicht, bevor Ihnen auch eine Vertragsurkunde, Ihr schriftlicher Antrag oder eine Abschrift der Vertragsurkunde oder des Antrags zur Verfügung gestellt worden ist.“
Der Kläger hatte unter Hinweis auf die o.g. BGH-Entscheidung argumentiert, auch diese Formulierung sei missverständlich. Denn er habe keinen Antrag abgegeben, sondern die Beklagte als Darlehensgeberin. Diesen Antrag habe er angenommen. Daher könne er den Beginn der Frist nicht erkennen.
Das ist nach Auffassung des OLG Köln nicht der Fall:
„Was den Fristbeginn angeht, muss der Widerrufsbelehrung - lediglich - eindeutig zu entnehmen sein, dass der Lauf der Widerrufsfrist zusätzlich zu dem Empfang der Widerrufsbelehrung voraussetzt, dass der Verbraucher im Besitz einer seine eigene Vertragserklärung enthaltenden Urkunde ist, § 355 Abs. 2 S. 3 BGB (BGH a.a.O. S. 3573).“ (OLG Köln aaO., Rn. 13)
Dabei sei es unerheblich, welche Vertragserklärung (Antrag oder Annahme) der Verbraucher abgegeben habe. Die weitere Argumentation des Klägers sei abwegig. Das Verständnis des Wortes „Vertragserklärung“ etwa als bloße Kreditanfrage, die den Fristbeginn bereits auslösen könnte, läge danach fern.
Das OLG Köln hält die verwendete Widerrufsbelehrung im Übrigen für zutreffend. Abweichungen vom Muster, die sich etwa in Fußnoten fänden, seien nicht zu beachten. Denn sie beträfen gerade nicht den allein ausschlaggebenden Text der Belehrung selbst.
Das Gericht weist noch auf einen weiteren Punkt hin: bei der Geldzahlung durch den Verbraucher anlässlich der vorzeitigen Beendigung des Darlehensvertrages handelt es sich gerade nicht um eine Vorfälligkeitsentschädigung, sondern lediglich um ein Vorfälligkeitsentgelt. Das Entgelt ist ein zwischen den Parteien frei vereinbarter Geldbetrag für die einvernehmliche vorzeitige Beendigung des Vertragsverhältnisses. Dieses kann der Höhe nach in den allgemeinen Grenzen (etwa der Sittenwidrigkeit, § 138 BGB) vereinbart werden. Bei der Entschädigung hingegen handelt es sich um einen Schadensersatz, wie sich aus der Definition des GeseGesetzes ergibt (§ 490 Abs. 2 BGB). Für diesen gelten wesentlich strengere Regeln.
PDF Download:
Bericht zur EU-Datenschutz-Grundverordnung vorgelegt