Der Bundesgerichtshof hat seine Rechtsprechung zu vorformulierten Vertragsklauseln in Mietverträgen betreffend Schönheitsreparaturen aktuell grundlegend geändert.
Zu BGH, Urteile vom 18.03.2015, Aktenzeichen VIII ZR 352/12; VIII ZR 185/14; VIII ZR 242/13).
1. Quotenabgeltungsklausel in Wohnraummietverträgen sind unwirksam
Nach der neusten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sind vorformulierte Vertragsklauseln (Formularklausel) mit denen dem Mieter anteilige Kosten für Schönheitsreparaturen auferlegt werden, wenn bei Auszug des Mieters Schönheitsreparaturen entsprechend des Fristenplans im Mietvertrag noch nicht fällig sind (Quotenabgeltungsklausel), unwirksam (BGH Urteil vom 18.3.2050, VIII ZR 352/12).
Der Bundesgerichtshof hat in Abweichung zu seiner bisherigen Rechtsprechung entschieden, dass Quotenabgeltungsklauseln eine unangemessene Benachteiligung des Mieters darstellen, da der Mieter den auf ihn zum Mietende entfallenden Kostenanteil nicht verlässlich ermitteln kann und für ihn bei Abschluss des Mietvertrages nicht klar und verständlich ist, welche Belastung gegebenenfalls auf ihn zukommt. Nach Ansicht des Bundesgerichtshofs gelte dies unabhängig davon, ob die Wohnung dem Mieter zu Beginn des Mietverhältnisses renoviert oder unrenoviert überlassen wurde.
2. Schönheitsreparaturen können mittels Formularklausel nicht mehr ohne angemessenen Ausgleich auf den Mieter übertragen werden, wenn bei Übergabe die Mieträume den Gesamteindruck einer unrenovierten Wohnung vermitteln.
In zwei weiteren Entscheidungen hat der Bundesgerichtshof seine in den Jahren 1988-2004 entwickelte Rechtsprechung zur Zulässigkeit der Überwälzung von Schönheitsreparaturen verschärft. Maßgeblich war hier der Ausgangspunkt der früheren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, dass mit der Überwälzung der Schönheitsreparaturen eine unangemessene Benachteiligung zu vermeiden ist und somit dem Mieter formularmäßig nicht die Beseitigung von Gebrauchsspuren in der Wohnung übertragen werden dürfen, die bereits vorvertraglich entstanden sind.
Nach der früheren Rechtsprechung hat der Bundesgerichtshof es insoweit als angemessen angesehen, dass die Renovierungspflicht an den üblichen Renovierungsfristen beginnend zur Vertragslaufzeit angeknüpft hat und somit geltungserhaltenden unterstellt wurde, dass der Mieter seinen eigenen Gebrauch nach Ablauf der Fristen zu beseitigen hat. Die vor der Vertragslaufzeit entstandenen Gebrauchsspuren sollten insoweit nicht erheblich ins Gewicht fallen.
In den nachfolgenden Jahren hat sich die Rechtsprechung zu allgemeinen Formularklauseln auch im Individualprozess erheblich verschärft, so dass nunmehr jede Klausel nach der kundenfeindlichsten Auslegung zu betrachten ist (vergleiche BGH, Urteil vom 29.5.2014, VIII ZR 285/12).
Gemessen an der kundenfeindlichsten Auslegung hat der Bundesgerichtshof nunmehr entschieden, dass die Überwälzung von Schönheitsreparaturen durch Formularklausel auf den Mieter ohne angemessenen Ausgleich eine unangemessene Benachteiligung darstellt, wenn dem Mieter eine unrenovierte Wohnung übergeben wird. Denn eine solche Klausel verpflichtet den Mieter zur Beseitigung sämtlicher Gebrauchsspuren des Vormieters bzw. des Vornutzers. Letztlich gerät der Mieter in Gefahr, soweit sein eigener Gebrauch keine nachhaltigen Spuren hinterlässt, trotzdem zur Renovierung verpflichtet zu sein, wenn die Gebrauchsspuren des Vormieters einen Renovierungsbedarf hervorrufen. Eine unangemessene Benachteiligung kann nach Ansicht des Bundesgerichtshofs in diesen Fällen nur dann nicht vorliegen, wenn dem Mieter ein angemessener Ausgleich für dieses vertragliche Gefahrenmoment gewährt wird. Dieses Gefahrenmoment kann dann nicht vorliegen, wenn die nicht renovierte Wohnung gleichwohl einen nicht unrenovierten Eindruck macht (BGH, Urteile vom 18.03.2015, VIII ZR 185/14, VIII ZR 242/13).
3. Fazit
Sämtliche Quotenabgeltungsklauseln, die in der Vergangenheit als auch in der Zukunft als vorformulierte Vertragsklausel in Wohnraummietverträgen vereinbart wurden oder werden, sind unwirksam.
Eine vorformulierte Vertragsklausel in Wohnraummietverträgen mit welcher Schönheitsreparaturen auf den Mieter übertragen wurden bzw. zukünftig übertragen wird, ist nur dann unwirksam, wenn eine Wohnung übergeben wurde, die bei Übergabe einen renovierten Eindruck machte oder auf jeden Fall renovierungsbedürftig war und dem Mieter für die Übernahme des vorvertraglichen Renovierungsbedarfs ein angemessener Ausgleich gewährt wurde.
Im Rechtsstreit hat der Mieter vorzutragen und zu beweisen, dass zu Mietbeginn eine unrenovierte Wohnung übergeben wurde. Der Vermieter hat vorzutragen und zu beweisen, dass ein angemessener Ausgleich gewährt wurde.
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Autor: Rechtsanwalt Uwe Hartung ist Partner der Kanzlei JuS Rechtsanwälte, Augsburg. Er ist Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht und Bau- und Architektenrecht. Er beschäftigt sich seit über 20 Jahren vornehmlich mit sämtlichen rechtlichen Fragen des Wohnraum- und Gewerberaummietrechts.
Zudem ist Herr Rechtsanwalt Uwe Hartung Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Mietrecht und Immobilien und BVFI (Bundesverband für die Immobilienwirtschaft) Verbandsjurist.