§ 169 Satz 2 des Gerichtsverfassungsgesetzes (GVG) erklärt Ton- und Fernseh-Rundfunkaufnahmen zum Zweck der öffentlichen Vorführung oder Veröffentlichung für unzulässig. Aber gerade im Hinblick auf den technischen Fortschritt stellt sich die Frage, ob dieses Verbot noch zeitgemäß ist?
§ 169 Satz 2 des Gerichtsverfassungsgesetzes (GVG) erklärt Ton- und Fernseh-Rundfunkaufnahmen zum Zweck der öffentlichen Vorführung oder Veröffentlichung für unzulässig. Aber gerade im Hinblick auf den technischen Fortschritt stellt sich die Frage, ob dieses Verbot noch zeitgemäß ist.
In der heutigen Zeit lösen Internetberichterstattung, Internet-Blogs und Kurznachrichtendienste die herkömmliche Berichterstattung immer mehr ab. Auch Livestreams von öffentlichen Veranstaltungen sind keine Seltenheit mehr.
Als Reaktion auf diese Entwicklung beschloss der Bundestag am 31.08.2016 das von Bundesminister Heiko Maas vorgelegten Entwurf eines Gesetzes zur Erweiterung der Medienöffentlichkeit in Gerichtsverfahren und zur Verbesserung der Kommunikationshilfen für Sprach- und Hörbehinderte (EMöGG).
Modernisierung der Justiz oder amerikanisches Court-TV?
Durch dieses Gesetz sollen den Menschen die Auswirkungen der Rechtsprechung der Obersten Gerichte auf das gesellschaftliche Zusammenleben noch näher gebracht werden, indem sie sich die Urteilsverkündungen ansehen können.
Doch wie sieht es mit den Rechten von Verfahrensbeteiligten aus? Wird der Gerichtssaal dadurch zur Showbühne umfunktioniert á la amerikanisches Court-TV?
Nur moderate Lockerung des bestehenden Verbots von Ton- und Fernseh-Rundfunkaufnahmen Gerichtsfernsehen im amerikanischen Stil wird es aber bei uns nicht geben. Gerichte werden selbst entscheiden können, ob ihre Verhandlung in einen Arbeitsraum für Medienvertreter übertragen werden oder ob ein letztinstanzliches Urteil von so großer öffentlicher Bedeutung ist, dass es auch über die Medien verkündet werden soll. Die Rechte von Verfahrensbeteiligten sollen auf jeden Fall gewahrt bleiben.
Die Regelung soll neben der ordentlichen Gerichtsbarkeit auch für die Arbeits-, die Verwaltungs-, die Finanz- und die Sozialgerichtsbarkeit und in angepasster Form auch für das Bundesverfassungsgericht gelten.
Zugelassen werden können nach dem Gesetz:
- die Übertragung der Urteilsverkündung in einen Arbeitsraum für Medienvertreter;
- eine audio-visuelle Dokumentation von Gerichtsverfahren von herausragender zeitgeschichtlicher Bedeutung sowie
- die Übertragung von Verkündungen von Entscheidungen der Obersten Gerichtshöfe des Bundes in den Medien.
Kritik der Richter der Obersten Gerichtshöfe
Der Gesetzesentwurf ist aber alles andere als unumstritten gewesen. Gerade die Richter der Obersten Gerichtshöfe sprachen sich gegen eine Lockerung des Verbots aus. Besteht doch die Gefahr, dass die Äußerungen der Richter von den Pressevertretern aus dem Zusammenhang gerissen werden oder sogar in Satiremagazinen und –sendungen ins Lächerliche gezogen werden.
Fazit
Wie sich diese „moderate Öffnung des Verbots von Ton- und Fernseh-Rundfunkaufnahmen“ künftig auswirken wird und wie sie von den Medien angenommen und behandelt wird bleibt abzuwarten.
Zusammengefasst handelt es sich um eine sehr moderate Lockerung des bestehenden Verbots. Stehen schließlich nur die Übertragung von Urteilsverkündungen der Bundesgerichte zur Disposition, die stets nur eine reine Rechtsprüfung vornehmen. Mündliche Verhandlungen oder Ausschnitte davon sind weiterhin von jeder Aufzeichnung ausgeschlossen. Zudem kann das Gericht selbst beschließen, ob eine Übertragung stattfinden soll oder nicht.
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Autor: Rechtsanwalt Sascha Leyendecker ist Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht und Gewerblichen Rechtsschutz in der Kanzlei JuS in Augsburg. Er ist Mitglied in der Deutsch-Schweizerische Juristenvereinigung e.V.