In Deutschland wurden 4,3 Millionen Menschen über 14 Jahre bereits mindestens einmal abgemahnt. Das geht aus einer Umfrage der Verbraucherzentrale hervor. Dabei kommen auf die Betroffenen immense Kosten zu. Zudem macht eine vorschnell unterschriebene Unterlassungserklärung häufig den Weg für weitere Abmahnungen frei.
Für Kanzleien haben sich Massenabmahnungen zu einem lohnenden Geschäft entwickelt. Nun hat sich die Regierungskoalition nach monatelangen Verzögerungen auf einen Gesetzesentwurf geeinigt, welcher Verbraucher besser vor Abzocke im Internet und am Telefon schützen soll.
Schutz vor hohen Abmahnkosten
Das Gesetz soll den teils enormen Gebühren, welche die Kanzleien für Abmahnungen verlangen, einen Riegel vorschieben. Wer zum ersten Mal etwas illegal hoch- oder herunterlädt soll künftig nicht mehr als 155,30 Euro plus Auslagenpauschale und Umsatzsteuer zahlen müssen. Damit sollen vor allem private Internetnutzer vor überzogenen Abmahnkosten geschützt werden. Dieses Privileg darf jedoch nicht dem zukommen, der in gewerblichem Ausmaß Raubkopien vertreibt. An dieser Stelle bleibt allerdings fraglich, wie viele Rechtsverstöße nötig sind, um dem Erfordernis der Gewerblichkeit zu genügen.
Neu ist auch, dass in der Abmahnung detailliert aufgelistet sein muss, wie der konkrete Internetanschluss ermittelt wurde. So soll verhindert werden, dass es zu unberechtigten Abmahnungen wegen angeblicher Urheberrechtsverletzungen im Filesharing-Bereich kommt. In der Vergangenheit kam es zu Fällen, in denen Abmahnungen verschickt wurden, obwohl der angebliche Verletzter zum fraglichen Zeitpunkt nicht online war oder gar keinen Internetanschluss besitzt.
Keine Gewinnspielverträge am Telefon
Aber auch vor der Abzocke am Telefon sollen die Verbraucher geschützt werden. Trotz eines bereits bestehenden Verbots kommt es immer wieder zu unerwünschter Telefonwerbung. Im schlimmsten Fall wird man anschließend mit einer Geldforderung konfrontiert, welche sich aus einem angeblich geschlossenen kostenpflichtigen Gewinnspielvertrag ergibt. Um dem Verbraucher hier mehr Sicherheit zu geben, sollen am Telefon geschlossene Verträge künftig erst dann wirksam sein, wenn sie schriftlich, per Fax oder per E-Mail bestätigt wurden. Hinzukommt eine Anhebung des Bußgeldes gegen die unerlaubt anrufenden Unternehmen von 50.000 € auf 300.000 €.
Hier zeigt sich allerdings eine Schwäche des Entwurfs. Dieser sollte nämlich weiter gehen und auch für andere Verträge als nur Gewinnspielverträge Geltung haben.
Zweifelhafte Methoden einiger Inkassofirmen
Abschließend erfasst der Entwurf auch die Praktiken dubioser Inkasso-Unternehmen. Ende 2011 stellte der Bundesverband der Verbraucherzentralen fest, dass von 4000 Beschwerden über solche Firmen 99 Prozent berechtigt waren. Zum großen Teil aufgrund nicht nachvollziehbarer Gebühren, Auslagen oder Zinsen. Hier reagiert der Gesetzesentwurf durch eine strengere Aufsicht über die Unternehmen sowie höhere Bußgelder. Zudem müssen betroffene Unternehmen künftig auf Anfrage detailliert angeben, wie die Forderung und die zusätzlichen Gebühren entstanden sind.
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Informationen zum Gesetzesentwurf, welcher Verbraucher besser vor Abzocke im Internet und am Telefon schützen soll
Autor: Rechtsanwalt Sascha Leyendecker ist Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht und Gewerblichen Rechtsschutz in der Kanzlei JuS in Augsburg. Er ist Mitglied in der Deutsch-Schweizerische Juristenvereinigung e.V.