Auch wenn die Auswirkungen der „dritten Welle“ nach und nach verebben, so schlagen die Fragen rund um die Pandemie derzeit hohe Wellen vor Gericht. Bislang war daher streitig, ob und ggf. in welcher Höhe Desinfektionsmittelkosten im Rahmen einer unfallbedingten Reparaturrechnung vom gegnerischen Versicherer zu erstatten ist. So herrschte bundesweit ein wahrer „Flickenteppich“ an Amts-gerichtlichen Entscheidungen. Je nach örtlicher Zuständigkeit wurde entschieden, dass diese teilweise als erforderliche Instandsetzungskosten zugesprochen werden müssen, zum Teil lediglich in Höhe von 30,00 € für angemessen erachtet oder gar gänzlich abgelehnt.
Wegweisend dürfte daher das nunmehr erste Urteil aus zweiter Instanz sein, welches die entstandenen Kosten grundsätzlich für erstattungsfähig erachtete.
Desinfektionsmittelkosten - So entschied das LG Würzburg mit Urteil vom24.03.2021, Az 42 S 2276/20:
„Es handelt sich um ersatzfähige Kosten, selbst wenn es sich ‒ insbesondere bei Hereinnahme des Fahrzeugs ‒ auch um Arbeitsschutzmaßnahmen
handelt. Wie sich an der Tatsache zeigt, dass beispielsweise Lackierarbeiten in einer gesonderten Halle und Montagearbeiten auf einer Hebebühne in einer ergonomischen Höhe durchgeführt werden, was anders jeweils weniger zeitaufwendig wäre, gibt es eine Reihe von Arbeitsschutzmaßnahmen in Werkstätten, deren Aufwand vom Schädiger und seiner Versicherung grundsätzlich beanstandungslos beglichen werden. Ob es sich also um Arbeitsschutzmaßnahmen handelt, ist für die Frage der Ersatzfähigkeit entsprechender Aufwendungen im konkreten Fall von beschränktem Erkenntnisgewinn.“
Hinsichtlich der Desinfektionsmittelkosten wurde zwar hier nicht der volle Betrag zugesprochen, dies aber nur deshalb, weil im Gutachten lediglich aufgeführt wurde:„Desinfektionsmittelkosten vor Reparaturbeginn und vor Fahrzeugrückgabe – 78,90 € netto“. In der Werkstattrechnung erschien dann aber eine Doppelberechnung: so wurden sowohl Kosten in Höhe von 80,52 € netto für „Fahrzeugdesinfektion Mitarbeiter 10241“ aufgeführt als auch weitere 65,00 € netto für: „Fahrzeugdesinfektion vor Reparaturbeginn und vor Fahrzeugrückgabe“. Hierbei hat das Gericht nur den höheren der beiden Beträge (80,52 € netto ) als ersatzfähig anerkannt.
Das Urteil zeigt zum einen, wie wichtig es ist, dass die Reparatur gemäß Gutachten durchgeführt und berechnet wird, zum anderen, dass die angefallenen Desinfektionsmittelkosten zumindest in Höhe von 80,52 € netto dann grundsätzlich – entgegen der Ansicht manch großer Versicherer – auch zu erstatten sind.
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Die Autorin, Rechtsanwältin Julia Kühnle, Fachanwältin für Verkehrsrecht Augsburg mit dem Tätigkeitsschwerpunkt Versicherungsrecht
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