Wer sich mit anderen ein WLAN teilt, haftet grundsätzlich nicht für fremde Rechtsverletzungen. Allerdings sei es angemessen, wenn der Zugang zum WLAN-Netz mit einem Passwort gesichert wird. entschied der EuGH in seinem Urteil vom 15. September 2016 – C 484/14 (McFadden ./. Sony). Er ist damit dem Antrag des Generalanwalts Szpunar wider Erwarten nur teilweise gefolgt.
EUGH Urteil vom 15.09.2016 – C 484/14 (McFadden ./. Sony)
Das Urteil des EuGHs:
Genauer gesagt hat der EuGH entschieden, dass Geschäfteinhaber, die kostenlos öffentliches WLAN zur Verfügung stellen, für die Urheberrechtsverletzungen der jeweiligen Nutzer grundsätzlich nicht verantwortlich sind.
Demnach kann der Rechteinhaber keinen Schadensersatz für Urheberrechtsverletzungen geltend machen, jedoch hat er weiterhin die Möglichkeit, Unterlassungsansprüche gegen die Betreiber offener WLANs durchsetzen, wenn auch nur eingeschränkt.
Beschränkter Unterlassungsanspruch:
Rechteinhaber kann Passwortschutz erzwingen
Dies soll gegen Privatpersonen gleichermaßen wie für kommerzielle oder von öffentlicher Hand betriebene Access Points gelten. Entsprechend können auch die Kosten einer berechtigten Abmahnung sowie eventuelle Gerichtskosten den Betreibern aufgebürdet werden.
Auswirkungen auf das deutsche WLAN-Gesetz
Das Urteil des EuGHs hat die Bemühungen um ein freies WLAN massiv eingebremst.
Hatte die deutsche Bundesregierung doch erst kürzlich am 27. Juli 2016 das WLAN-Gesetz verabschiedet, mit dem die Störerhaftung abgeschafft werden sollte. Betreiber öffentlicher WLANs sollten demnach nicht mehr für Urheberrechtsverletzungen der Nutzer verantwortlich gemacht werden. Auch Sicherungsmaßnahmen wie z.B. ein Passwortschutz sollten nach diesem Gesetz nicht erforderlich sein.
Kritiker bezweifelten damals jedoch eine tatsächliche Abschaffung der Störerhaftung, da sich ein Ausschluss von Unterlassungsansprüchen gegen den Betreiber lediglich aus der Gesetzesbegründung herleiten ließ. Ein solche Gesetzesbegründung kann von Gerichten bei der Urteilsfindung zwar berücksichtigt werden, bindet sie jedoch nicht.
Der EuGH versäumte es damit nicht nur, diese verbleibende Rechtslücke, wonach Betreiber weiterhin zur Zahlung von Abmahnkosten verpflichtet werden konnten, im deutschen Gesetz zu schließen. Vielmehr müssen Betreiber offener WLANs nach diesem Urteil weiterhin mit Abmahnungen von Rechteinhabern rechnen.
Ausblick
Alles in allem ist das Urteil des EuGHs ein Teilerfolg.
Zwar sorgt es für mehr Rechtssicherheit bei Betreibern öffentlicher WLANs. So haben Rechteinhaber nicht notwendigerweise einen Anspruch auf Schadensersatz, wenn die Urheberrechtsverletzung durch einen anderen begangen worden ist. Eingeschränkt wird dies aber durch die Möglichkeit der Rechtinhaber, die Betreiber durch einstweilige Verfügung zur Einrichtung von Sicherungsmaßnahmen zu zwingen.
Genau dadurch wird allerdings die schnelle Verbreitung von öffentlichen WLAN-Hotspots in Europa vermutlich massiv eingedämmt werden, denn der Nutzung geht somit ein umfangreiches Procedere mit Registrierung etc. voraus.
Der Traum von einer freien und unkomplizierten WLAN-Nutzung überall, wie es bereits in Schweden und Südkorea oftmals Gang und Gäbe ist, wird für Deutschland damit vorerst noch ein Traum bleiben.
Es bleibt daher abzuwarten, ob und wie der deutsche Gesetzgeber auf dieses Urteil reagiert und ob demzufolge deutsche Gerichte wieder die Pflicht zum Passwortschutz verhängen können. Sollte dies der Fall sein, würde das hart erkämpfte WLAN-Gesetz und damit die Reform Störerhaftung unterlaufen werden.
Unser Tipp: Ergreifen Sie Sicherungsmaßnahmen
Möchten Sie als gewerblicher Anbieter offenes WLAN für ihre Gäste oder Kunden anbieten, sollten Sie dabei nicht auf die Einrichtung eines Passworts oder sogar das Anlegen von Nutzer-Accounts verzichten, um Abmahnungen wegen Urheberrechtsverstößen durch Nutzer zu vermeiden. Denn auch ohne Schadensersatzforderungen können derartige Abmahnungen schnell teuer werden.
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Autor: Rechtsanwalt Sascha Leyendecker ist Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht und Gewerblichen Rechtsschutz in der Kanzlei JuS in Augsburg. Er ist Mitglied in der Deutsch-Schweizerische Juristenvereinigung e.V.