Sachverhalt:
Eine Influencerin hatte ein Unternehmen auf seiner Instagram - Seite getaggt. Unstreitig war, dass die Influencerin mit dem getaggten Unternehmen, dessen Kleidung und Accessoires sie präsentierte, über keinerlei Werbeverträge verfügte.
Tagging bedeutet, dass im Rahmen sozialer Netzwerke Fotos so gestaltet sind, dass der Name des Herstellers der vom Influencer getragenen Bekleidungsstücke oder Accessoires angezeigt wird, sofern der User das Bild anklickt. Klickt der User weiter auf den angezeigten Unternehmensnamen, erfolgt eine Weiterleitung auf die Instagram Seite des Produktherstellers.
Die Frage, die vom Landgericht Köln zu entscheiden war, war, ob das reine Tagging schon dazu führt, dass die Influencerin ihr Posting als Werbung kennzeichnen muss.
Die Entscheidung:
Das Landgericht Köln (Urteil vom 21.07.2020, Aktenzeichen 33 O 138/19) hat einen Unterlassungsanspruch des klagenden Verbandes angenommen, da unlauter handele, wer den kommerziellen Zweck einer geschäftlichen Handlung nicht kenntlich mache, sofern sich dieser nicht unmittelbar aus den Umständen ergebe und das Nicht-kenntlich-machen geeignet sei, den Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte.
In dem getaggten Post liege ein Handeln zugunsten von Unternehmen, sowie des eigenen Unternehmens der Influencerin. Die Verlinkung der fremden Unternehmen durch das Tagging fördere dessen Absatzchancen zumindest mittelbar im Rahmen der Aufmerksamkeitswerbung. Auch befördere die Influencerin durch die Postings ihr eigenes Unternehmen. Dabei erfülle ihre Tätigkeit als Influencer die Voraussetzungen des Unternehmensbegriffes.
Die Influencerin verfolge nämlich mit dem Betrieb ihres Accounts den Zweck, ihren Lebensunterhalt zu sichern und biete dabei unter anderem Werbedienstleistungen in Form von Posts gegen Entgelt an. Diese wirtschaftliche Betätigung sei auch auf Dauer angelegt. Dies ergebe sich schon aus der Höhe der Umsätze und der Anzahl von Followern sowie der Beschäftigung eines Managers.Das LG Köln war also der Ansicht, dass die Influencerin mit dem streitigen Post ihr eigenes Unternehmen jedenfalls insoweit fördere, als sie sich den getaggten und weiteren Unternehmen damit als potentielle Werbepartnerin anbiete und so für seine unstreitig auch gegen Entgelt angebotene Dienstleistung in Form von Veröffentlichung aus ihrem Instagram Account werbe.
Fazit:
Die Entscheidung zeigt, dass es für die Kennzeichnung als Werbung nicht erforderlich ist, dass tatsächlich (schon) geschäftliche Beziehungen zu den Produktherstellern bestehen. Es ist ausreichend, dass durch das Tagging der Unternehmen der Eindruck entsteht, ein Influencer wolle vielleicht nur in der Zukunft mit diesen Unternehmen in Kontakt treten, wozu er sich dadurch präsentiere, dass er durch seinen Instagram Account die Leistungen des getaggten Unternehmens „schon jetzt“ fördere, obwohl er hierfür „noch“ kein Entgelt erhalte
Die Entscheidung des LG Köln steht etwas im Gegensatz zu einer Entscheidung des OLG Hamburg vom 02.07.2020, Aktenzeichen 15 U 142/ 19, in dem das OLG Hamburg entschieden hatte, dass sich der kommerzielle Zweck der geschäftlichen Handlung schon aus den Umständen ergebe und für den Verbraucher auf den ersten Blick erkennbar sei, woraus sich ergab, dass der dort streitgegenständliche Post nicht als Werbung zu kennzeichnen war.
Man wird abwarten, welche Rechtsansicht beim Tagging sich durchsetzen wird. Meines Erachtens ist die Ansicht des LG Köln zielführender: per se und generell zu erwarten, dass es sich bei Influencern um Werbung handelt, setzt voraus, dass die angesprochenen Verkehrskreise – ggf. geschäftlich auch sehr unerfahrene Personen – sofort den Unterschied zwischen Influencer- und redaktionellen Inhalten erkennen, obwohl der Begriff des Influencers kaum trennscharf zu definieren ist.
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Autor: Rechtsanwalt Sascha Leyendecker ist Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht und Gewerblichen Rechtsschutz in der Kanzlei JuS in Augsburg. Er ist Mitglied in der Deutsch-Schweizerische Juristenvereinigung e.V.