Was war passiert?
Ein Immobilienunternehmer kaufte Ende 2020 bei einem Autohändler einen neuen Ferrari Stradale für rund 600.000 Euro. Er leistet eine Anzahlung in Höhe von knapp 60.000 Euro und wartete auf die Lieferung des Fahrzeugs. Als unverbindlicher Liefertermin war das 2./3. Quartal 2021 vertraglich vereinbart. Mahnen durfte er laut Vertrag aber erst Anfang April 2022.
Leider ließ der Ferrari auf sich warten. Daher informierte der Verkäufer den Kunden per WhatsApp, dass der unverbindliche Termin nicht eingehalten werden könne („Der SF 90 Stradale rutscht leider auf erstes Halbjahr 2022.“). Hierauf reagierte der Käufer u.a. mit „Ups 😬“. Im April 2022 fragte der Verkäufer dann nochmals beim Kunden an, ob „eine Abwicklung in der Woche ab 9.5.“ passen würde? „Passt“, lautete die Antwort.
Allerdings stellte sich im Mai heraus, dass der Ferrari falsche Batterien hatte, mit denen er nicht ausgeliefert werden durfte. Wann der Ersatz eintreffe, sei unklar, so der Händler. Hierfür hatte der Käufer dann kein Verständnis mehr, er setzte eine dreiwöchige Frist zur Lieferung. Anderenfalls würde er vom Kaufvertrag zurücktreten. Da das Fahrzeug auch im Mai nicht kam, trat der Käufer am 1. Juni, also noch im ersten Halbjahr, zurück.
Vor dem LG forderte der Käufer sodann seine Anzahlung zurück, der Autohändler erhob Widerklage auf Schadensersatz in Höhe von rund 110.000 Euro. Er habe den Wagen nur mit diesem hohen Verlust verkaufen können. Als der Autohändler den Prozess gewann, erhob der Käufer die Berufung zum OLG München – mit Erfolg.
Die Entscheidung:
Die Lieferung des Ferraris war dem OLG München (Endurteil vom 11.11.2024 – 19 U 200/24e) zufolge Anfang April 2022 fällig. Ab jetzt konnte der Autohändler mit einer Mahnung in Verzug gesetzt werden. Die Kommunikation per WhatsApp habe nicht zu einer Verlängerung der Lieferfrist bis zum 30.06.2022 geführt: Zwar erfülle eine solche Kommunikation grundsätzlich die Schriftform nach § 127 Abs. 2 Satz 1 BGB, aber auch hier gelte der Grundsatz, dass zwei übereinstimmende Willenserklärungen vorliegen müssten.
Das sei hier nicht der Fall, denn der Grimassen schneidende Emoji (Unicode: U+1F62C) bedeute – anders als der Händler behauptet hatte – keine Zustimmung zu einer Verlängerung. Der verständige Empfänger dieses Zeichens verstehe laut Emoji-Lexikon darunter eher Unbehagen, Nervosität oder Ähnliches – jedenfalls keine Zustimmung zu einer Lieferverzögerung bis zum Ablauf des ersten Halbjahrs 2022. Mit seinem „passt“ allerdings hatte der Käufer, so das OLG, auf eine Mahnung oder Nachfristsetzung bis Mai verzichtet.
Das OLG akzeptierte auch die Nachfristsetzung von drei Wochen nach § 323 BGB – angesichts der schon sehr langen vereinbarten Lieferzeit von einem halben Jahr sei die Nachfrist angemessen, vor allem wenn man bedenke, dass der Käufer noch über einen Monat lang zugewartet habe, bevor er die Frist setzte.
Fazit:
Die Kommunikation via WhatsApp ist zwar grundsätzlich möglich und wird gerichtlich anerkannt. Allerdings ist bei der bloßen Kommunikation per Emoji Vorsicht geboten. Im Zweifelsfall sollte die ausdrückliche Zustimmung eingeholt werden.
Grundsätzlich gilt gem. IV 2., 3 NWVB: der Händler kann einen unverbindlichen Liefertermin um bis zu sechs Wochen überschreiten, danach kann der Käufer ihn zur Lieferung auffordern. Mit Eingang dieser Aufforderung kommt der Händler in Verzug. Erfolgt die Lieferung innerhalb dieser Nachfrist nicht, kann der Kunde vom Vertrag zurücktreten. Die Nachfristsetzung von drei Wochen hielt das OLG München hier für ausreichend.
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